Lebendiges lebendig halten

■ 14. und letzte Matinee „Lebendige Stadt“ zur Kulturpolitik in Bremen

Es gibt in Bremen viele, die sich mit Kinderkultur beschäftigen — Kindertheatergruppen, Kinderclowns, Spieltreffs, betreute Spielplätze, BremerInnen, die sich um ein kulturelles Angebot für Kinder bemühen, Spielmobile oder Kindercircus.

Die meisten arbeiten jedoch isoliert voneinander, bemühen sich im Einzelkampf um die nötigen Finanzen und werden dabei immer wieder zwischen den Behörden für Jugend und Soziales, Kultur und Wissenschaft hin- und hergeschoben. Die Engagierten werden mit der Zeit zermürbt, nicht wenige gehen zu Routine über oder wursteln vor sich hin.

Genau diese Isolierung ein Stück weit zu überwinden, endlich ins Gespräch zu kommen, gemeinsam nach neuen Ideen und Perspektiven zu suchen, das hatten sich die VeranstalterInnen vorgenommen. Erschienen waren aber nur knapp 30 Interessierte. „Etwas enttäuschend“, fand Gönna Pezey, Kulturpädagogin im Kinderhaus Schildstraße. Sie hatte sich in einer Vorbereitungsgruppe darum bemüht, „alle unter einen Hut“ zu bekommen.

Doch auch in kleinem Kreis (und bei abgedrehter Heizung) wurde engagiert von den eigenen Erfahrungen berichtet. Ein Problem, auf das viele der Anwesenden im Laufe ihrer Arbeit immer wieder gestoßen sind : Wer in unserer Leistungsgesellschaft etwas mit oder für Kinder machen will und dafür öffentliche Gelder beantragt, muß sichtbare Ergebnisse vorweisen. Was Kindern Spaß macht, ob sie Dinge neu erleben, kreativ werden, scheint wenig zu interessieren.

Wenn öffentliche Mittel locker gemacht werden, will man etwas sehen für sein Geld. „Das ist in den Köpfen der Leuten ganz tief drin“, erzählt Günther Breden. Er macht Kindertheater, organisierte unter anderem das Kinder- Kulturfestival.

„Wir haben nicht die Freiheit, etwas anzubieten was nachher nicht abrechenbar ist“, meint auch Rolf Wienbeck. Als Künstler arbeitet er seit einem Vierteljahr im Kulturhaus „Spektakel“. „Das wichtigste ist ein sinnvolles Ergebnis, das man vorzeigen kann, sonst bekommen wir kein Geld.“ Das würden nicht zuletzt auch die Eltern verlangen. Sie sind es meist, die ihre Kinder zu verschiedenen Einrichtungen und Angeboten schicken. Einmal, erzählt Wienbeck, habe er im Spektakel einen kreativen Malkurs angeboten und da seien ihm doch tatsächlich die Eltern auf's Dach gestiegen. „Was ist das denn für eine Kleckserei, da lernt doch mein Kind nichts“, lautete der Vorwurf.

Eine andere weitverbreitete Meinung: Wer mit Kindern arbeitet, braucht nicht besonders qualifiziert zu sein. Denn Kindern kann man schließlich „jeden Mist“ vorsetzen. „Darauf stößt man oft bei seiner Arbeit und sogar im Bekanntenkreis“, sagt Gönna Pezey. „Viele lachen über mich oder schauen mich geringschätzig an, daß ich mich auch in meiner Freizeit so viel mit Kindern beschäftige“.

Was sie an Kindern fasziniert, ist deren „Lebendigkeit“, die es bei Erwachsenen kaum noch gebe. „Das ist auch der Ansatz meiner Arbeit. Ich möchte diese Lebendigkeit erhalten und den Spaß am Lernen nicht kaputtmachen“. Doch es sei „wahnsinnig schwierig“, Geld für gute Projekte durchzukriegen.

Ihre Forderung: Das Beste ist für Kinder gerade gut genug. „Mein Traum wäre es beispielsweise, eine Gruppe von qualifizierten Musikern, Schauspielern und Künstlern zusammenzustellen, die von Ort zu Ort zieht, Projekte und Veranstaltungen organisiert“.

Doch die Realität sieht anders aus: Auch in Bremen ist Kinderkulturarbeit nicht selten ein Bereich, in dem Defizite von Schulen oder schlechter Stadtplanung ausgeglichen werden. Verlorene Spielflächen und Räume werden beispielsweise im Kinderhaus Schildstraße gesucht.

Wege aus dem Dilemma? Die Kulturpädagogen fordern einen einheitlichen Finanzfond für Kinder, wo alle Anträge gestellt werden können. Damit endlich „der Behördenkampf“ aufhört. Birgit Ziegenhagen