Streit um östliche Mauerkunst

■ Was passiert mit der »East-Side-Gallery«?/ KünstlerInnen wollen Vorkaufsrecht/ Es gibt Probleme, die 100 Bilder zu vermarkten

Berlin. Die letzten Reste der Mauer verhindern immer noch, daß einige Leute in dieser Stadt zueinanderkommen. Es geht um die East-Side- Gallery in der Mühlenstraße. Die einen wollen Geld sehen, die anderen sie als Denkmal erhalten. Am Wochenende versuchten die verstrittenen Gruppen — die KünstlerInnen, die WUVA (eine Ostberliner Werbe- und Veranstaltungsagentur) und Vertreter des Magisenats — in einer sechstündigen chaotischen Marathonsitzung einen Konsens darüber zu finden, ob und wie die Vermarktung der über 100 Bilder geschehen soll.

Der, sagt WUVA-Geschäfsführer Dieter Ullmann, sehe so aus, daß sich die Mehrheit der anwesenden Künstler für eine Tournee ausgesprochen hätte — in der Hoffnung auf eine Rückkehr der Galerie nach Berlin. Ein neuer Künstlersprecherrat und ein Galeriebeirat segneten den Beschluß ab.

Doch von 118 KünstlerInnen waren nur 35 anwesend. »Von mehrheitlichen Beschlüssen kann also nicht die Rede sein«, protestiert der Westberliner Maler Thomas Klingenstein. Deshalb verwahren sich die 14 KünstlerInnen der Interessengemeinschaft »Mauermaler Mühlenstraße« gegen diese Entscheidung. Die Mauermaler-Fraktion, von allen Seiten heftigen Angriffen ausgesetzt, will die Geldjagd nicht mitmachen. »Die vergessen, warum die Künstler dort gemalt haben«, sagt die Managerin Karin Wolf. Inzwischen haben sieben MalerInnen ihren Vertrag mit der WUVA gekündigt, um ihre Rechte an den Bildern zu sichern. Grund: Die WUVA habe die Abmachungen, im Interesse der KünstlerInnen zu handeln, nicht eingehalten. Gleichzeitig beantragten einige von ihnen das Vorkaufsrecht bei der Stadt.

Einig war man sich offenbar nur darin, daß die Galerie nicht zerstückelt werden und in Berlin bleiben soll. Nach der geplanten Übersee- Tournee, so hofft die WUVA, weiß auch die Stadt, wo die Mauerteile stehen könnten. Woher die drei Millionen Mark für die Tournee kommen soll, von denen die Rede war, weiß niemand. Es sei vorgesehen, die Mauer in die Bebauungspläne zu integrieren, die sich auf Berlin als Regierungssitz und Olympia-Ort beziehen werden, sagte ein Senatsvertreter.

Entnervt von dem abendlichen Tauziehen, meldet sich noch einer der bisherigen Geldgeber von der Geithainer Agrargenossenschaft, Hübner zu Wort: Alles, was die East- Side-Gallery ist, haben wir Bauern erarbeitet. Die Künstler reden wirres Zeug und wenn wir uns nicht einigen, macht uns die Journaille kaputt. Verständlich, daß endlich wieder Geld in die Kassen kommen muß, doch die Presse ließ man vorsichtshalber gleich draußen. Anbau