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Partei der Erneuerung?

■ Über die Zukunft der PDS entscheiden die Wähler — nicht das Vermögen KOMMENTARE

Na endlich: Die PDS will sich von 80 Prozent ihres Parteivermögens endgültig trennen. Spät, sehr spät glaubt sie damit einen Schlußstrich zu ziehen und sich mit Hilfe einer sogenannten „Globallösung“ wenigstens noch einen Rest an Glaubwürdigkeit als „Partei der Erneuerung“ zu erhalten. Die mühsame Trennung vom Erbe der SED wird aber weiter von den Machenschaften der PDS-Finanzverwalter überschattet. Gregor Gysi wird sich auch künftig vorhalten lassen müssen, daß nichts anderes als das Auffliegen der Vermögensschiebereien ursächlich zum jetzigen Verzicht geführt hat. Er wird sich die politische Verantwortung vorhalten lassen müssen — immerhin hat er noch im Sommer die GenossInnen dazu aufgerufen, das verbliebene PDS-Vermögen „zuverlässig zu schützen“.

Mit der nun vollzogenen Kehrtwende mögen sich die „Erneuerer“, dank der Vorarbeit der Westberliner Staatsanwälte, gegen den alten Apparat durchgesetzt haben. Der Ruf der PDS bleibt aber ruiniert. Zudem wird einem Teil der Mitglieder — darunter auch vielen neuen aus der alten Bundesrepublik — die Entscheidung nur schwer zu vermitteln sein: Sie kleben an der für die Arbeiterbewegung so typischen wie selbstzerstörerischen Faszination, Politik lasse sich nur mit einer Partei, sprich mit einem starken Apparat und den dazugehörigen Reichtümern umsetzen.

Der nur auf äußeren politischen und juristischen Druck gefaßte Beschluß ist aber nicht nur halbherzig, sondern auch rechtlich schräg. Wenn die Partei glaubt, auf die weitere Verwendung der Gelder und Immobilien Einfluß nehmen zu können, wird ihr die unabhängige Kommission zur Verwaltung der Parteivermögen eine Strich durch die Rechnung ziehen. In Absprache mit der Treuhand-Gesellschaft entscheidet diese Kommission schließlich, wieviel die PDS vom ehemaligen SED-Schatz behalten kann. Daß es überhaupt 20 Prozent des jetzt mit zwei Milliarden Mark ausgewiesenen Vermögens — das realistisch gerechnet mindestens doppelt so hoch sein dürfte — sein werden, ist keineswegs ausgemacht.

So richtig und wichtig es ist, sich von dem per Sonderrecht angehäuften Vermögen der Staatspartei SED zu trennen — gleiches gilt für die anderen ehemaligen Blockparteien —, so sehr muß sich die PDS fragen lassen, wieso sie glaubt, ein Fünftel ihres alten Vermögens für das politische Überleben zu benötigen. Wieviel Geld braucht eine Partei überhaupt? Die Oppositionsgruppen und die daraus hervorgegangenen Parteien in der DDR sind ohne eine müde Mark angetreten. Auch die Partei der Grünen ist in der Bundesrepublik ohne finanzielle Starthilfen aus der Ökologiebewegung entstanden. Wieviel Geld die PDS und die von ihr reklamierte „starke sozialistische Kraft“ braucht, entscheiden am 2. Dezember zunächst einmal die Wähler und Wählerinnen. Wolfgang Gast

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