Berliner Unterstützung für Moskau

■ Moskaus Bürgermeister verabschiedet Amtskollegen Momper mit besten Wünschen für den Wahlkampf/ Gesprächstermine mit Außenminister Schewardnadse und Jelzin geplatzt

Moskau. Handfeste politische Ergebnisse gab es nicht, aber viel Anschauungsunterricht über den sowjetischen Alltag — ob nun im Kreml, im Moskauer Stadtsowjet oder in den Schlangen vor den Geschäften. Nachdem die Gesprächstermine mit dem Außenminister Schewardnadse und Boris Jelzin aus Termingründen geplatzt waren, blieb den beiden Berliner Regiermeistern Walter Momper und Tino Schwierzina auf der gestrigen Pressekonferenz zum Abschluß ihres zweitägigen Moskaubesuches letztlich nichts weiter, als ihren Willen zu konstruktiver Zusammenarbeit mit der sowjetischen Hauptstadt zu bekräftigen. Gawriil Popow, Oberbürgermeister von Moskau, der zu den Radikalreformern um Boris Jelzin gezählt wird, vernahm das Bekenntnis mit Genugtuung, bedeutete der Berliner Besuch doch auch eine deutliche Wertschätzung der politischen Kräfte außerhalb der KPdSU. Jetzt, so Momper, solle die Partnerschaft zwischen beiden Städten dort entwickelt werden, »wo es in unserer Macht steht«, sagte er.

Momper versicherte noch einmal die Bereitschaft zu einem guten Verhältnis zu den sowjetischen Truppen im Berliner Raum sowie für Achtung und Schutz für sowjetische Friedhöfe und Denkmäler ein — ein neuralgischer Punkt in der Sowjetunion, wo der Umgang der frisch vereinigten Deutschen mit sowjetischen Ehrenmälern und Gedenkstätten sehr genau beobachtet wird.

Die Frage, ob es in Moskau noch Ressentiments gegen die Deutschen aufgrund des Zweiten Weltkriegs gebe, verneinte Popow energisch. »Alle feindseligen Gefühle«, erklärte er mit Galgenhumor, konzentrierten sich zur Zeit auf innenpolitische Probleme und die katastrophale Versorgungslage.

Einen Seitenhieb auf den gerade in Deutschland so bejubelten Gorbatschow konnte sich das Moskauer Stadtoberhaupt auch gestern nicht verkneifen. Die Perestroika, so das Moskowiter Stadtoberhaupt, habe auf deutschem Boden schon wesentlich mehr Ergebnisse gebracht, als im eigenen Land. Sprach's und wünschte dem Wahlkämpfer Momper Erfolg bei den bevorstehenden Wahlen.

Zu den Moskauer Vorstellungen in bezug auf die von Momper angebotene Unterstützung sagte Popow, jetzt sei erst »das Fundament für die künftigen Prozesse« geschaffen worden. Es bestünden gegenwärtig Meinungsverschiedenheiten zwischen der Regierung der UdSSR und den Vertretern der Bewegung »Demokratisches Rußland«, zu der Popow gehört. Er trete dafür ein, unmittelbar den entstehenden Privatsektor der Moskauer Wirtschaft zu unterstützen. Dieser symbolisiere die Veränderungen und habe es am schwersten. Er sei aber der Partner, der später auch imstande wäre, Schulden zurückzuzahlen. anb