Ein bißchen wirr im Alter ist normal

■ Gerontopsychiatrische Versorgung in Bremen ist verbesserungsbedürftig

Wenn der alte Vater oder die alte Mutter verwirrt herumlaufen, nachts schreien, bis sich die Nachbarn beschweren, wirres Zeug reden, wenn sie weglaufen und sich verirren — dann wissen Angehörige oft keinen anderen Rat, als die Einweisung in eine Psychiatrie. „Ein bißchen verwirrt zu sein im Alter“, so Peter Kruckenberg, Chefarzt der Klinik für Psychiatrie, „ist allerdings ganz normal und kann uns alle treffen“. Wir müssen nur lernen, damit umzugehen.

Nach der Expertenkommission der Bundesregierung zur Reform der psychiatrischen Versorgung hat etwa jeder vierte alte Mensch psychische Störungen. Sieben bis acht Prozent von ihnen sind psychiatrisch behandlungsbedürftig — in Bremen sind das rund 8.000 alte Menschen. Gestern fand im frisch umgebauten „Haus im Park“ des Krankenhauses Bremen Ost der „Tag der Psychiatrie“ statt, der sich diesmal an diejenigen wandte, die in der Altenarbeit tätig sind.

In Bremen sollen psychisch Kranke, wenn möglich, nicht als Pflegefälle auf großen Stationen versorgt werden. Kruckenberg: „Wir wollen nicht, daß Menschen zu uns abgeschoben werden.“ Von den 800 bis 900 Aufnahmen im Jahr blieben nur wenige länger als acht Wochen. Angestrebt ist die Wiedereingliederung in das gewohnte Lebensumfeld oder die Verlegung in qualifizierte Heime. „Davon gibt es in Bremen leider noch zu wenige“, so Kruckenberg. Zu häufig müßten alte, psychisch verwirrte Menschen noch in Pflegeheimen außerhalb der Stadt untergebracht werden, oder in Einrichtungen, die keine besonders hierfür ausgebildeten Kräfte beschäftigen.

Die akut verwirrten alten Menschen werden aber zunächst auf den zwei psychiatrischen Stationen im Krankenhaus Ost behandelt. Wichtig sei, so Andreas Brand, Oberarzt in der Psychiatrie, die alten Menschen getrennt von den anderen psychisch Kranken zu versorgen, „denn sie brauchen ein langsameres Tempo." Je nachdem aus welchem Stadtteil die PatientInnen kommen, werden sie auf zwei verschiedenen Stationen behandelt. Von Regionalisierung kann man jedoch erst sprechen, wenn auch die stationäre Behandlung dezentral organisiert ist. Darüber wird im neuen Krankenhausbedarfsplan bereits verhandelt: Teile der psychiatrischen Versorgung sollen nach Bremen-Nord und in das Krankenhaus Links der Weser verlegt werden.

Die umfassende Versorgung außerhalb der Krankenhäuser stößt immer noch auf viele Unwegsamkeiten. PflegerInnen werden für ihre belastende Arbeit nur schlecht bezahlt und sind deshalb „Mangelware“. Aufgrund ihrer unzureichenden Ausbildung sind sie den Anforderungen nicht gewachsen und werden auch mit ihren Problemen allein gelassen. bear