Ärzte wollen Methadon

■ Ärzte und Krankenkassenärztliche Vereinigung fordern, daß Bonn »ideologische Vorbehalte« gegen Ersatzdroge Methadon fallen läßt

Berlin. Ärzte wollen, daß Drogenabhängigen endlich Methadon als Ersatz für Heroin gegeben werden darf. Auf einem von der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) initiierten Gespräch warfen sie gestern dem Arbeitskreis »Ersatzdrogen« der Bundesärztekammer und dem Bundesgesundheitsministerium ideologische Vorbehalte gegen eine Behandlung mit Methadon vor. Ärzte, die Methadon (Polamidon) verschreiben, würden in die Illegalität und Drogensüchtige in Krankheit und Tod getrieben. Die Teilnehmer des Gesprächs forderten auch eine Änderung der Betäubungsmittel-Verschreibungsordnung.

Drogensüchtige würden durch eine ärztlich überwachte Methadon- Behandlung zu »vernünftigen Gesprächspartnern, die über ihr Leben nachdenken können und die einer Therapie zugänglich sind«, meinte der Berliner Kliniker Prof. Helmut Kewitz. Bei schätzungsweise bundesweit 1.500 Drogentoten in diesem Jahr könne er die Entwicklung »nicht mehr mit ansehen«. Der niedergelassene Berliner Arzt Jörg Gölz, der nach eigenen Angaben sieben Heroinsüchtige mit Methadon versorgt, warf dem Arbeitskreis Ersatzdrogen der Bundesärztekammer vor, »von der Lebenssituation in der Großstadt keine Ahnung« zu haben. Auch der Mediziner Prof. Friedrich Bschorr nannte den Arbeitskreis einen »Hauptbremser« von Substitutions-Programmen.

Nach Angaben der KV und der Berliner Ärztekammer behandeln in Berlin 80 von insgesamt 2.600 niedergelassenen Ärzten insgesamt 234 Drogenabhängige mit Methadon. Gegen 70 von ihnen würden Regreßforderungen der Krankenkassen von jeweils bis zu 8.000 Mark laufen. Die Kosten für Methadon pro Patient und Jahr bezifferte Gölz auf etwa 3.600 Mark. Hinzu käme eine intensive psychosoziale Betreuung von etwa einem halben Jahr. Die offiziell zugelassene und empfohlene Langzeittherapie koste etwa 10.000 bis 40.000 Mark. Manche Patienten bräuchten drei bis vier Langzeittherapien. Dank Methadon seien fünf seiner sieben Patienten wieder arbeitsfähig und würden Beiträge zur Sozialversicherung leisten, statt sie in Anspruch zu nehmen. diak