Ostdeutschland wird zur AKW-freien Zone

Berlin (taz) — Die ehemalige DDR wird zur AKW-freien Zone. Zumindest vorübergehend. Der Vorstand der Energiewerke Nord AG hat am Mittwoch beschlossen, den vor fünf Monaten wegen „Revisionsarbeiten“ abgeschalteten Reaktor in Rheinsberg nicht wieder anzuwerfen. Das marode 70-Megawatt- Kraftwerk wird endgültig stillgelegt. Damit ist jetzt in Ostdeutschland nur noch ein einziger Atomreaktor in Betrieb: der erste Block von Greifswald. Wenn auch der — wie erwartet— im Dezember abgeschaltet wird, ist die Ex-DDR frei von laufenden Atomkraftwerken — und voll von verstrahlten Ruinen.

Dietmar Brauer, Sprecher der Energiewerke Nord, sagte zu der Stillegung, man habe sich für das „Aus“ in Rheinsberg entschieden, nachdem technische und ökonomische Untersuchungen ein effektives Nachrüsten zur Beseitigung der „projektbedingten Mängel“ an dem sowjetischen Reaktor ausschlossen.

Rheinsberg war das älteste noch laufende deutsche AKW. Es war 1966 als atomare Testanlage in Betrieb gegangen. Über seinen Sicherheitszustand schrieb das Darmstädter Öko-Institut ironisch, „der Reaktor in Rheinsberg weist ein extrem schlechtes Verhältnis von Nutzen und Risiko auf“. Risse und Kühlmittelverluste im Rohrsystem, eine Notkühlung, die nur für kleine Lecks ausgelegt war, ein Reaktorgebäude in Leichtbauweise und Sicherheitssysteme, die nicht einmal zweifach vorhanden waren, kennzeichneten den maroden Reaktor. Sein Weiterbetrieb, so das Öko-Institut, wäre selbst nach den alten DDR-Standards „nicht zulässig gewesen“.

Nach der Stillegung soll in Rheinsberg „unverzüglich“ mit der Entsorgung der radioaktiven Reststoffe begonnen werden. Die letzten verbrauchten Brennstäbe würden in Containern per Bahn nach Greifswald transportiert und dort im Zwischenlager deponiert. Der 70-Mega- Watt-Reaktor werde anschließend „sicher verschlossen“ und teilweise demontiert. Sein Abriß soll dann nach 25 bis 30 Jahren erfolgen. -man-