: Weniger Frauen in den Parlamenten
Demokratisierung in Osteuropa brachte Rückschlag für Frauen in der Politik ■ Aus Genf Andreas Zumach
Die Zahl der Frauen in den nationalen Parlamenten europäischer Staaten ist heute um fast ein Drittel niedriger als vor zweieinhalb Jahren. Der Grund: Bei den ersten freien und geheimen Urnengängen im demokratisierten Osten des Kontinents wurden weit weniger Frauen gewählt, als zuvor in den von Staatsparteien beherrschten Scheinparlamenten saßen. Dies geht aus einer in Genf veröffentlichten Untersuchung der Interparlamentarischen Union (IPU) hervor, des Zusammenschlusses von Parlamentsmitgliedern aus 123 Staaten.
Am 30. Juni 1990 hielten die Frauen 13,6 Prozent aller Parlamentssitze Europas; zum Stichtag der vorletzten IPU-Erhebung, 1. Januar 1988, waren es noch 19,1 Prozent. Dazwischen lagen die Wahlen in Rumänien im Mai 1990, bei denen der Frauenanteil von 34,3 auf 3,5 Prozent zurückging. In der neuen Volksvertretung in Prag halten die Frauen seit Juni nur noch sechs Prozent gegenüber 29,5 Prozent zuvor. Dritter auf der Negativliste ist Ungarn (von 20,9 auf sieben Prozent) vor Bulgarien (21,0 auf 8,5). Noch am relativ besten schnitten die Frauen in der DDR ab. Vor dem 18. März besetzten sie 32 Prozent der Volkskammerstühle, danach bis zum 3. Oktober 20,5 Prozent.
Daß der Anteil weiblicher Parlamentsmitglieder im gesamteuropäischen Durchschnitt nicht noch weiter sank, ist den WählerInnen in einigen westlichen Staaten zu verdanken. Im von der IPU untersuchten Zeitraum stieg der Anteil bei Wahlen in den Niederlanden von 20,0 auf 25,3 Prozent, in Spanien (6,3 auf 13,4), Norwegen (34,4 auf 35,8) und in Griechenland (4,3 auf 5,3.). Die Spitze im europa- wie weltweiten Vergleich halten derzeit Schweden (38,1 Prozent) und Norwegen.
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