Wendy & Lisa

■ Die Legende von den Kampfschwimmerinnen und dem zwergenhaften Schnauzbart

Gerechtigkeit und Solidarität allen guten Menschen, also Frauen dieser Welt! Jetzt, da im Westen eitles Geschwätz namenloser Sportmimosen gegenüber Schwimmathletinnen aus Ostberlin, Dresden und Erfurt auch noch von windigen Wettkampfkonsequenzen gestärkt scheint, muß eine Gegenrede folgen.

Wendy und Lisa sind zwei der besten MusikerInnen der Welt, also einer Männerwelt. Deshalb verwundert auch die Szene in »Purple Rain« nicht weiter, in der der zwergenhafte Schnauzbart mit Leberfleck am rechten Ort namentliches Lied den Damen einfach so wegnimmt, als Chef der Band. Was im Schweiße ihres Angesichts hart aus dem musikalischen Acker herausgeholt wurde, nimmt sich der Garsteprinz einfach eben mal so vor, jault mit seiner Klampfe drüber, um wiederum eine langbeinige Lockenprächtige in Strapsmontur zu überzeugen. Pfui.

Gut dagegen Wendy und Lisa, die den Setzkastentyrann noch verließen, als er Erfolg hatte, und eine vor Selbstbewußtsein strotzende Platte nach der anderen veröffentlichten. Die Erste, voller zarter Poesie, wie in Tagebüchern ausgeschrieben und nur besten Freunden ins Ohr geflüstert, kam bei der Kritik nur gerade so mit der Begründung durch, man habe Mitleid mit den Weibsen, wo sie Prince schließlich gefeuert hätte. Ein kleiner Irrtum.

Die nächste Platte wurde gelobt, weil sie der Männerphantasiewelt näher schien. Sogar Erduldungssexcharakter meinten einige Herren in »Fruit Of The Bottom« erkennen zu dürfen, als hätte Prince die beiden »Süßen« befedert. Auch falsch. Schon lange hatte die Frauen ihre Nabelschnur ins Männerlager abgetrennt.

Zurecht heißt die neueste Platte »Eroica«. Im griechischen Olymp erkennt man die Macht der Göttinnen uneingeschränkt an, ob sie Athene, Diana oder Hera heißen. Und sie kämpfen gerne. Wendy, Lisa und Mitmusikantinnen (kein Konsens-groß-I nötig, es ist tatsächlich eine Frauenband) haben damit vorgelegt, was den Musikhörermännern aller Zeitungen, Länder und Sender das Schulterklopfen schon austreiben wird.

Brilliante, einmalig instrumentierte und erhaben arrangierte Soulballaden. Verwegen gehauchte Gesänge mit nahezu engelgleicher Melodieführung und pumpender Groove, der direkt aus der Beckengegend heraus pulst und pumpt. Und nirgends steckt ein Schwanz dahinter.

Live sind die GoGo-funkenden Girls ebenfalls furios und mitreißend, wie es ihr jahrelanger Vor(ver)führer schon seit '87 nicht mehr hat raushängenlassen können. Zur Freude aller wird die verdientermaßen beste Band nach den Bangles eine alte Männerdomäne, den Tanzflur, vollschwitzen.

Allein schon aus Solidarität mit den Kampfschwimmerinnen, die zu gut für die Westmanwelt gewesen wären. Recht so. Harald Fricke

Um 20 Uhr in der Neuen Welt