... uns damit sagen?

■ Neu im Goethe-Theater: Zuschauer fragen, Hans Kresnik antwortet als erster

Das Theaterstück: Spricht es für sich? Soll es Fragen beantworten? Ist es selbstfragend? Wie lange soll man nach der Vorstellung drüber nachdenken? Und was? Fragen über Fragen. Denn Zuschauer, du bist ein unbekanntes Wesen. Und mutig, wer sich deiner Wahrheit aussetzen will. Und wer wäre hierzustadte mutiger und überhaupt als Hans Kresnik?

Unser Bremer Tanztheaterchef hatte die Idee zum Nachmachen, sich zwischen die Fragewürdigkeit seines Publikums zu setzen — zum Beispiel jenes Publikums am Mittwochabend, das noch unter der Gekröse-Einwirkung seines „Macbeth“ stand. Mitmutig sein sollte Roland Schäfer, Regisseur und Hauptdarsteller von „Don Juan kommt aus dem Krieg“, das nebenan im Schauspielhaus hauptgeprobt und nicht fertig wurde (auch nicht zur Premiere, s.Kästchen rechts). Also „meets“ten die beiden, wie angekündigt, sich nicht, um ihre eigenen Interpretationen zu interpretieren. Aber selbstverständlich ist ein Kresnik auch ein Allein-Unterhalter.

Ja, und da sitzt er, ganz kleines großes Tier, gekrönt von Lüstern, im 1. Rang-Foyer, und wir sollen jetzt mal was fragen, wünscht sich der Pressesprecher, der so viele Fragen hat, daß er mit keiner anfangen will. Kurze genante Pause. Aber dann doch: „Wissen Sie bei jedem ihrer Bilder, was es bedeutet?“ Ja klar. „Also mir hat irgendwie so'n roter Faden so für mich selber gefehlt!“ Ja, das ist halt die Absicht. Einer ist irgendwie szenenbedeutungsmäßig ziemlich verunsichert, wenn auch beeindruckt. Naja, die Szenenbedeutung ist durchaus verschlossen, freut sich Kresnik, der gerne verunsichert, aber auch beeindruckt. Was ist mit der Ästhetik der Gewalt, fragt eine schon mal Nachgedachthabende. Na, soll er Operetten machen? Das heißt, daß uns das Lachen also im Halse stecken bleiben soll? Jaklar. Achso.

Auch die TänzerInnen kommen jetzt frischgewaschen aus dem Off und werden mitgefragt. Wie empfinden sie, was bedeuten ihnen, warum Brüste entblößen? „Man kann auch nackt sein und nicht nackt sein“, sagt Regine Fritschi, Solo-Tänzerin, Hauptsache, es macht Sinn. Und den macht's. Der einzige ältere Herr unter uns traut sich jetzt doch: Ist es nicht alles, naja, so'n bissel negativ, gibt es nicht Hoffnung auch im Theater? Hiii, wie komisch. Kresnik will denn auch kein Philosoph sein. Fragt ein Tänzer zurück: Gibt es jemand, der gar nix verstanden hat? Witzigerweise gehen welche, aber der Bus ist schuld, der sonst ohne sie abfährt.

Schade um sie wegen der nächsten Frage, ob es Kresnik seine persönliche Meinung sei, daß seine Hexen Strapsen tragen müssen und warum und ob sich das nicht mit ihrer oben herumenen Uniform beiße oder sowieso mit dem mittlerweile aufgegebenen Bild der Lotter-Frau. Bah, die Hexen, 1000 Interpretationen insgesamt, soll er da, Kresnik, etwa noch richtig auf Hexen machen? Und die Strapsen, das war Helnwein. (Sein werberealistischer Wiener Wannen-auf-Bühnen-Bildner.)

Die hübscheste Frage, fand ich, war die nach dem Blut und „was ihr da so nehmt?“ Ha, das Blut, das ist das Filmblut der Profis, das gibt es in ganz vielen Sorten und ist ziemlich teuer, der Liter 60 Mark. Merke: Nimm nie das ölhaltige, weil du dadrauf ausrutschen kannst bis zum auf die Schnauze fallen.

Ja, das war mal ein interessanter Abend. Alle Fragen fanden eine Antwort. Und beruhigt, weil man nun weiß, daß ein Choreograph sich bei dem, was er tut, was denkt, tritt man den Kultur- Heimweg an. claks