Besetzer-Besitz weg — Polizei weiß nix

■ In der Mainzer Straße gehen Verwüstungen weiter/ Acht Haftbefehle/ Pätzold: »Ich war zu sprechen«/ AL will Räumungsstop/ Schadenersatz nach Demo-Randale/ Nachts bei Momper

Friedrichshain. Auch gestern warfen Bauarbeiter ungehindert das Eigentum der ehemaligen Besetzer aus den geräumten Häuser in der Mainzer Straße. »Sortiert wird nichts«, erklärte einer der über 100 Bauarbeiter der taz. Ein Polizist versichert dagegen, Sachen, die nach den Wertmaßstäben unserer Gesellschaft erhaltenswert seien, würden sichergestellt. Die Türen und Fenster im Erdgeschoß und der ersten Etage wurden zugemauert. Wo die wenigen Sachen der Besetzer abgeblieben sind, die die Polizei abtransportiert hat, war gestern nicht zu erfahren. Ein Polizeisprecher gab an, daß für die Dinge die Polizeiwache Friedrichshain zuständig sei, doch dort wußte man von nichts. Zuverlässiger arbeitet das Amtsgericht Tiergarten: Gegen sieben Personen wurde Haftbefehl erlassen. Sechs sitzen in Untersuchungshaft, einer wurde von der U-Haft verschont.

Innensenator Erich Pätzold (SPD) wehrte sich gegen die Vorwürfe von Bischoff Forck, die dieser gestern in unserem Artikel »Innensenator Pätzold war für mich nicht zu sprechen« erhoben hatte. Pätzold erklärte, er wäre für den Bischof sofort zu sprechen gewesen. Forck hätte sich erstmals vorgestern bei ihm gemeldet.

Die Rechtsanwältin Margarete von Galen erstattete wegen gefährlicher Körperverletzung gegen einen unbekannten Polizeibeamten Anzeige. Ihrem Mandanten war bei der Räumung in den Fuß geschossen worden. Die Anwältin erklärte, daß sich für sie die Frage aufdränge (ohne beide Anlässe miteinander vergleichen zu wollen), ob nach den Schüssen in Leipzig Schußwaffen besonders locker sitzen würden.

Die AL hat gestern ein Räumungsmoratorium gefordert. Auch wenn Räumungsbegehren vorlägen, dürften keine weiteren Räumungen angedroht werden. Für Verhandlungen mit den Hausbesetzern müsse eine Vermittlergruppe eingeschaltet werden. Die Ex-Koalitionäre warfen Bürgermeister Walter Momper (SPD) eine unverantwortliche Stimmungsmache vor, wenn er jugendliche Instandbesetzer »pauschal als Mörder, Kriminelle und Asoziale brandmarkt«. Auch eine Gruppe von 200 unbekannt gebliebenen Personen scheint mit dem Regierungschef unzufrieden zu sein. In der Nacht auf Donnerstag sollen sie vor Mompers Wohnhaus in Kreuzberg eine Stunde auf Autodächern herumgetrommelt und mit Trillerpfeifen gelärmt haben, berichtete Senatssprecher Werner Kohlhoff.

Finanzsenator Norbert Meißner (SPD) hat angekündigt, daß es für Geschädigte im Zusammenhang mit der Demo »Hände weg von unseren Häusern« Schadenersatz geben soll. Allerdings nur für Sachschäden in Prenzlauer Berg und Friedrichshain. Dies gilt nicht für die unmittelbare Umgebung der Mainzer Straße. Betroffene sollen formlos an die Senatsverwaltung für Finanzen, Abteilung IV A 31, Nürnberger Straße 53, 1Berlin 30 schreiben. Ihnen wird ein Fragebogen zugesandt werden. rochus/diak/plu