Oper alla Rigatoni

■ Ermanno Wolf-Ferraris „Il Campiello“ in BHV

Man nehme: Etwas Rossini, etwas Puccini, venezianische Folklore, eine Prise Verdi, eine Spitze schräge Töne und rühre das ganze mit kleinem Orchester um. Heraus kommt: „Il Campiello“, ein musikalisches Lustspiel von Ermanno Wolf-Ferrari. 1936 in Mailand ur-und im selben Jahr in München erstaufgeführt, wurde das fast vergessene Buffo-Werk jetzt in Bremerhaven von Johannes Felsenstein ausgegraben.

Eine Wiederentdeckung? Felsenstein inszeniert auf einer mit Fassaden a la Venezia, mit Gäßchen und Balkonen ausgefüllten Bühne ein deftiges Spektakel. Auf dem „Marktplätzchen“ (Campiello) sammeln sich wilde Weiber, herrische Männer, ein jugendlicher Gigolo, der unentbehrliche Doktor, zwei dralle Alte, parodiert und gesungen von zwei Tenören. Es wird laut gefeiert, eifersüchtig gekeift und geprügelt, Mandarinenschalen und Blumentöpfe werden auf die Bühne geworfen. Ja, so sind sie, die Italiener.

Wolf-Ferrari lieferte dem Opernpublikum das vertraute Italienbild von Wein, Weib und Gesang und tauchte das naive, lärmende Völkchen in eine Musik- Suppe aus tradierten Formeln und illustrativem Getöse, in eine Musik, die ihre anspruchslose Heiterkeit geradezu anbiedernd ausstellt.

Der junge Dirigent Wolfgang Ott und das städtische Orchester machten das Beste draus, sie spielten so dynamisch und kontrastreich wie möglich und betonten das Tempo, mit dem Felsenstein die Figuren agieren läßt.

Besonderer Clou des Campiello ist der Auftritt des echten Bremerhavener Pizza-Bäckers Franco Sangiorgi. Der leibhaftige Wirt serviert der fröhlich zechenden Gesellschaft eine riesige Schüssel 'Rigatoni alla Carretiere', zum letzten Vorhang gibt es Amaretto.

Das Ensemble spielte ausgelassen wie selten, der kulinarische Genuß auf der Bühne war offensichtlich groß. Und warum sollte nicht auch eine Oper den Ausführenden soviel Spaß machen, daß das Publikum von der guten Laune mitgerissen wird? „Il Campiello“ in Bremerhaven, das sind eineinhalb kurzweilige Stunden.

Hans Happel