Walter souffliert Tino

■ Bundesgrenzschutz schon am 9. November alarmiert/ Mißtrauensanträge gegen Schwierzina und Magistrat

Ost-Berlin. Ein zusammengestückeltes Gewebe aus alten Fäden nennt sich Flickenteppich. Selbst wenn er nach neuen Mustern gewoben wird, haftet ihm immer etwas Ausgelatschtes an. So war es auch mit der gestrigen Regierungserklärung des Oberbürgermeisters Tino Schwierzina, die obendrein noch nicht einmal mit neuen Mustern aufwarten konnte: Erneut verteidigte er die Räumung der besetzten Häuser in der Mainzer Straße mit dem Umstand, daß nur so die »Grundlagen des Rechtsstaates in unserer Stadt« hätten gesichert werden können. 25.000 Wohnungen gegenüber 45.000 Wohnungssuchenden provozierten zwar Besetzungen, auf die Dauer aber sei es für die vielen tausend Wohnungssuchenden »nicht zumutbar«, daß sich einige »an der Schlange der Wartenden vorbeimogeln«, erklärte der OB à la Momper. Es sei jedoch eine Legende, daß die Räumung der drei besetzten Häuser am 12. November erste Schritte einer geplanten Eskalation gewesen seien. Hier aber schlich sich ein neuer Diskussionsfaden ein: Auf Anfrage eines PDS-Abgeordneten bestätigte Innenstadtrat Thomas Krüger (SPD), daß bereits am 9. November aufgrund eines Amtshilfeantrages Truppen des Bundesgrenzschutzes nach Berlin unterwegs gewesen seien. Warum die Wohnungsbaugesellschaften jetzt angeblich der Polizei die Lagepläne der besetzten Häuser »zuarbeiten« sollen, konnte Krüger nicht beantworten.

In der anschließenden Debatte verlangte die Fraktion Bündnis 90 einen Mißtrauensantrag gegen den gesamten CDU-SPD-Magistrat. Die PDS forderte dazu auf, Schwierzina das Vertrauen zu entziehen. Beide Anträge sollen vermutlich am kommenden Donnerstag behandelt werden. maz

Ein Runder Tisch über die Ereignisse in der Mainzer Straße findet heute abend ab 19 Uhr unter Leitung von Bischof Forck in der Ostberliner Jessnerstraße 24 statt.