Jetzt ist die Rache mein, sagt die SPD

■ Der SDP-Senat versetzt AL-Staatssekretäre Groth und Kuhn in den Ruhestand/ Harms und Hentschel dürfen bleiben/ Die SPD hat jetzt angeblich eine neue Wahlkampfstrategie/ Ziel: Alleinregierung

Berlin. Obwohl die AL sich dazu durchgerungen hat, keinen Mißtrauensantrag gegen den Regierenden Bürgermeister zu stellen, läßt jetzt die SDP die wahlkampftaktischen Muskeln spielen: Entgegen ihren Ankündigungen vom Montag wurden in der Senatssitzung am Dienstag zwei der vier AL-Staatssekretäre in den »einstweiligen Ruhestand« versetzt. Umweltstaatssekretär Klaus- Martin Groth und Sportstaatssekretär Hans-Jürgen Kuhn wurde von ihren neuen Vorgesetzten mitgeteilt, daß ab sofort auf ihre Dienste verzichtet werde. Gründe für die Entlassung wurden nicht genannt, klar ist jedoch, daß damit die exponierten Staatssekretäre ihrer Posten enthoben werden sollten, während die in der Vergangenheit unauffälligeren Gerd Harms und Helga Hentschel aus dem Hause Klein vorerst weiter im Amt bleiben dürfen. Im Gegensatz zu Kuhn und Groth wurden Harms und Hentschel nie verbeamtet, da sich Anne Klein wegen politischer Differenzen weigerte, sie in den Staatsdienst zu übernehmen.

In der Umweltverwaltung in der Lindenstraße beließ man es aber nicht bei der Entlassung Groths. Fünf Leitungsreferenten aus Schreyers Stab wurden ebenfalls vom Dienst suspendiert (Thomas Schwilling, Beate Profé, Christina Hermenau, Klaus Ermer und Stefan Klinski), übrig blieben nur zwei im Pressereferat, die der SPD angehören. Mit Wirkung zum 31.3.91 wurde auch der stellvertretenden Senatssprecherin Ingvild Kiele gekündigt, sie sofort in den Urlaub geschickt.

In den Verwaltungen schlug die Nachricht wie eine Bombe ein, da am Anfang der Woche noch versichert worden war, daß alles beim alten bleiben werde. Die jetzt für Schule und Sport zuständige Bundessenatorin Heide Pfarr versicherte noch bei ihrem Antrittsbesuch in der Schulverwaltung, daß niemand entlassen werde. In der offiziellen Lesart hieß es dann zwar, daß sie und Meisner die Umbildung gewünscht hätten, tatsächlich waren aber nach Informationen der taz vor allem Fraktionschef Ditmar Staffelt und der SPD- Wahlkampfleiter Hans-Georg Lorenz dafür, deutlich sichtbar den Bruch mit der AL zu markieren. Die AL warf der SPD vor, jetzt den Weg zu einer großen Koalition zu beschreiten, Lorenz konterte und warf den beiden entlassenen Staatssekretären politische Fehler beim Hahn- Meitner-Institut und der Olympiabewerbung vor. Auf die Vorwürfe der CDU, der ganze Koalitionsbruch sei ein abgekartertes Spiel, um Rot- Grün nach der Wahl fortzusetzen, reagierte die SPD mit einer angeblichen Änderung ihrer Wahlkampfstrategie. Lorenz verkündete, die SPD strebe jetzt eine Alleinregierung an, da sowohl CDU als auch AL ein »unwürdiges Possenspiel« betrieben hätten. Die SPD hatte jedoch auch vorher jede Koalitionsaussage bewußt vermieden. kd