»Haben Sie was gegen Schwarze?«

■ Fahrgäste klagen über rassistisches Verhalten von BVG-Mitarbeitern/ Deutsche schauen weg

Berlin. Samstag nachmittag: In der U-Bahn Richtung Ruhleben drängen sich Hertha-Fans, die Stimmung ist geladener als sonst. Schließlich spielt der Underdog der Bundesliga heute gegen den Meister aus München. U-Bahnhof Ernst-Reuter- Platz. Mohsen R., TU-Student aus dem Iran, weicht unwillkürlich vom Bahnsteig zurück, als er den einfahrenden Zug sieht, und entscheidet sich, erst den nächsten Zug zu nehmen. Doch in diesem Moment wird die Tür aufgerissen, fünf Fußballfans springen heraus und schlagen mit Fäusten auf ihn ein, springen dann in den Waggon zurück. Kurz vor Abfahrt ertönt ein Kommando aus dem Waggon, aus drei Türen prasselt Spucke auf ihn nieder. Von den anderen Fahrgästen reagiert niemand. Auch der Zugabfertiger der BVG schweigt. »Sie haben zugeschaut«, sagt Mohsen R., »als wären sie ihm Theater.«

Mohsen R. ist nicht zur Polizei gegangen, weil das »überhaupt nichts nützt«. Er hätte noch nicht mal bei der Zeitung angerufen, wäre vor vier Wochen nicht Ähnliches im 5er Bus nach Spandau passiert. Mit den Worten: »Hier steigen nur Deutsche ein«, wollte eine Gruppe Fußballfans ihm und seiner Frau den Zutritt zum Oberdeck verwehren. Als Mohsen mit seiner Frau einige Worte auf Farsi wechselte, hieß es: »Hier wird nur deutsch geredet, nicht türkisch.« Trotz Aufforderung an den Busfahrer, etwas zu unternehmen, erklärte der, er könne nichts machen.

Im Bereich der öffentlichen Verkehrsmittel häufen sich nicht nur tätliche Angriffe von rechtsradikalen Jugendlichen und Fußballfans auf ImmigrantInnen und Flüchtlinge. Es häufen sich auch Berichte über Busfahrer, die ihre Fahrgäste zunehmend nach der Hautfarbe unterscheiden. So befand es vor kurzem ein BVG-Fahrer für nötig, die Fahrscheine aller nicht deutsch aussehenden Fahrgäste ein zweites Mal zu kontrollieren. In einem anderen Fall wähnte sich ein Augenzeuge jüngst statt in Schöneberg in Südafrika. Er mußte entgeistert beobachten, wie ein Fahrer des 87er Busses an der Haltestelle Rubensstraße Ecke Vorarlberger Damm einem Ehepaar aus Ghana den Einstieg verwehrte. »Die klopften mindestens 20 bis 30 Sekunden vergeblich an die vordere Bustür«, berichtet er, »der Fahrer guckte noch, machte aber nicht auf, obwohl noch Leute ausstiegen.« Nach eigenen Angaben fuhr der Zeuge dem Bus hinterher und stellte den Busfahrer ein paar Stationen weiter mit der Frage: »Haben Sie was gegen Schwarze?« Der habe ziemlich verdattert reagiert und sein Verhalten mit Verzug im Fahrplan begründet. Mit der Aufforderung zu einer Stellungnahme will der Zeuge sich nun an die BVG-Leitung wenden. — Bei der Interessengemeinschaft Eisenbahn und Nahverkehr (IGEB) kommen indes nur wenige Beschwerden von BVG-Kunden über Diskriminierung von ImmigrantInnen und Flüchtlingen an. »Viele Deutsche, die das erleben«, vermutet IGEB- Sprecher Christfried Tschepe, »verhalten sich in der Regel leider passiv.« Die Betroffenen wüßten oft nicht, daß sie bei der BVG (Potsdamer Straße 188, Berlin 30) oder auch bei der IGEB (Lindower Straße 1-7, Berlin 65) Beschwerde einlegen können. Letztere hält vorgedruckte Beschwerdekarten bereit, die von der IGEB gemäß einer Vereinbarung an die zuständigen Abteilungen der Verkehrsbetriebe zur Stellungnahme weitergeleitet werden. Die Resonanz ist unterschiedlich — aber letztlich auch eine Frage des öffentlichen Drucks. thok/anb