Wie giftig sind „Golden American“ und Brinkmann?

■ Tabakkonzern stornierte Anzeigen, „Aktuelle Kamera“ strich Bericht

Berlin (taz) — Ein Opfer der vorbeugenden Selbstzensur ist die Nachrichtensendung „AK 2“ des Ex- DDR-Fernsehens DFF geworden. Ein für die Dienstagsausgabe der Aktuellen Kamera gedrehter Beitrag über die vom Zigarettenkonzern Brinkmann hergestellte Marke „Golden American“ wurde kurzfristig abgesetzt. Aus der Redaktion wurde bekannt, man habe Angst vor möglichen Repressalien durch den Hersteller.

Die Zeitung 'Junge Welt‘ hatte am 15. November vom Verdacht berichtet, die Glimmstengel enthielten den in der BRD verbotenen Zusatzstoff Cumarin — die in Bremen ansässige Brinkmann AG stornierte daraufhin alle geplanten Werbeanzeigen. Doch ein Gutachten des Hamburger Instituts Dr. Neurath wies nach, daß „Golden American“ tatsächlich cumarinhaltig ist, und zwar in einer Teilproduktion der in den fünf neuen Bundesländern äußerst erfolgreichen Marke. In den auf der Seite der Packung mit „Made in the EEC“ beschrifteten Zigaretten konnte kein Cumarin nachgewiesen werden, sehr wohl aber in solchen mit der Seitenaufschrift „Made in the Netherlands“. Nach Angaben des Bundesgesundheitsamts (BGA) in Berlin ist Cumarin in Tabakwaren grundsätzlich verboten — dies gilt auch für die neuen Bundesländer. Zu den gesundheitlichen Wirkungen von Cumarin äußerte sich BGA-Pressesprecher Henning gegenüber der Aktuellen Kamera: „Es kann zu Gallengangsveränderungen kommen, die sich in der Leber zu Tumoren auswachsen können. Dies hat der Tierversuch eindeutig gezeigt. Deshalb wurde Cumarin vorsorglich verboten.“

An die Nachrichtenagentur 'adn‘ schrieb Brinkmann-Pressesprecher Doms: „Für mein Haus erkläre ich, daß unsere Zigarettenmarke „Golden American“ keine Cumarinzusätze enthält.“ Ferner wird — zu Recht — darauf hingewiesen, daß in anderen Ländern Cumarin zugelassen sei. Dies allerdings ändert weder am Verbot in der BRD noch am Fund in den Zigaretten etwas.

Nach einem Bericht über das Gutachten erhielt die 'Berliner Zeitung‘ prompt Besuch von zwei Herren der Brinkmann AG, die von dem stellvertretenden Chefredakteur Dieter Resch eine Erklärung verlangten. Von diesem Besuch berichtete Resch nicht ohne eine gewisse Amüsiertheit in dem Beitrag der Aktuellen Kamera. Nur — ausgestrahlt wurde er am Dienstagabend nicht. Jörg Goebeler