Kindermißbrauch als falscher Polizist

37jähriger Wittener mißbrauchte und vergewaltigte fünf Jahre lang 37 Mädchen im Ruhrgebiet  ■ Von Bettina Markmeyer

Dortmund (taz) — Über fünf Jahre lang hat Dieter Bernd S. Mädchen zwischen fünf und zwölf Jahren sexuell mißbraucht, vergewaltigt oder versucht, sie zu vergewaltigen. Wegen 38 solcher Taten steht er seit Dienstag in Dortmund vor Gericht. Nach seiner Verhaftung im Oktober letzten Jahres hatte der wegen Vergewaltigung vorbestrafte 39jährige Schlosser die ihm vorgeworfenen Fälle nach und nach bei den Vernehmungen gestanden.

S. war fast immer nach dem gleichen Muster vorgegangen. Er sprach die Mädchen an und gab sich als „Kripobeamter“, als „Polizist“ oder als „Polizist Müller“ aus. Er warf ihnen Verkehrsdelikte vor, wie beispielsweise bei Rot über eine Ampel gegangen zu sein, und drohte, sie anzuzeigen. Der Anzeige, versicherte „Müller“ den Mädchen dann, könnten sie jedoch entgehen, wenn sie mit ihm gehen würden oder, dies sagte er bei kleinen Mädchen, wenn sie mit ihm „spielen“ würden. Gelegentlich gab er auch vor, man müsse sich gemeinsam verstecken. Die meisten Mädchen gingen aus Angst ein Stück mit ihm und wurden an Bahndämmen, auf Spielplätzen im Gebüsch oder in verlassenen Gebäuden seine Opfer.

Eine Elfjährige, die sich weigerte und dem falschen Polizisten erklärte, sie nähme lieber eine Anzeige in Kauf als mit ihm zu gehen, riß er gewaltsam mit sich, verband ihr die Augen und vergewaltigte sie. Mehrere Mädchen verletzte er: die ÄrztInnen stellten Scheiden- und Dammrisse fest. All diese Mädchen leben nun mit einem furchtbaren Trauma. Sie haben ihre Aussagen bei der Kripo gemacht, die Kammer will im Interesse der Mädchen auf die Vernehmung der Opfer verzichten.

Am Dienstag, dem ersten Tag des Prozesses, der bis Mitte Dezember dauern wird, ließ der Vorsitzende Richter von Hatzfeld Dieter Bernd S. zu seinen Taten aussagen. Er schilderte seinen Werdegang, frühere Gefängnisaufenthalte, Arbeitsstellen und seine Probleme mit Frauen. Seine Aussagen blieben widersprüchlich: Einerseits erinnerte er sich seiner Drohungen als „Polizist Müller“, andererseits behauptete er jedoch, sie seien „freiwillig mitgegangen“. Er brachte vor, er habe „den Kindern nicht wehtun wollen“, er habe „auch gar nicht so daran gedacht, daß es Kinder waren“.

Das Gericht steht erst am Anfang der Beweisaufnahme, die auf sechs Verhandlungstage angesetzt ist. Bis über die Folgen für die Mädchen, von denen einige über Nebenkläger vertreten sind, und über S.' psychische Konstitution gesprochen wird, dürften noch einige Verhandlungstage vergehen.