Lächeln. Immer lächeln.

■ Peter Engl in der Galerie Contra Forma

Peter Engl ist ein netter, bitterböser Franke, der auch noch die gemeinsten Dinge mit einem einnehmenden Lachen sagen kann. Engl, der Zyniker, wäre in der Sparte Bildender Künstler nur mit Mühe dieser oder jener Gattung zuzurechnen. Jahrgang '49, ist er in Nürnberg groß geworden, welches er allerdings schon seit einigen Jahren mit Berlin vertauscht hat. Wie viele hat er mit der Kunst nebenbei begonnen, demzufolge ist sie für ihn auch kein Sendungsauftrag, sondern mehr Fluchtmöglichkeit aus einem enttäuschenden Gesellschaftspiel.

Als Musiker hat er einiges Vinyl verbraten, und als Plastiker und Skulpteur vergeht er sich höchst abenteuerlich an Holz und Keramik. Engls Gestaltungsrepertoire ist denkbar minimal, doch darum nicht minder wirkungsvoll.

Zu den immer wiederkehrenden Pattern seiner Werke gehören Smileys, abreviierte Comicfiguren, Lautworte, Zivilisationsüberreste und ein rüdes, wirres Assoziationsallerlei aus der Garküche abgestandener Politsymbole. Engl als Comiczeichner zu verunsichern, wäre verfrüht, und würde ihm durch diese Eindeutigkeit nicht gut tun. Engl macht zwar Comics — das auch — doch benutzt er eigentlich mehr die Teile der Comicsprache in poppigem Schwulst und klebriger Süßstoffarbe, um immer wieder eins zu zeigen: grinsende Kugelköpfe mit hängender Zunge. Diese magere Aufgabenstellung könnte nachdenklich stimmen, wenn Engl nicht dem Vorwurf hemdsärmeliger, plakativer Serialität durch seine gewaltigen Überformate und Bildwände, durch seine wimmelnden Amöben und Zeichen, ein verspieltes, albernes — und letztendlich todernstes — Album semmelblonder Kitschigkeit entgegenstellen könnte. Worauf sein ewig grinsender, und eigentlich so gar nicht lustiger, stilistischer Kanon abzielt, ließ Engl durchscheinen, als er zur Eröffnung in die Mitte eines Raumes eine Riesenschale aufgefüllt mit lauter Bananen stellen ließ. Ein recht müder Akzent, der durch die boshafte Liebenswürdigkeit Peter Engls aber nicht zum Faux Pas gerät.

Neben den Großformaten, die er auch auf den Comicmessen in Grenoble und Erlangen auf Straßenzäune und Stellwände pinseln durfte, verfertigt Engl auch exquisite Siebdruckmappen, die unverhohlen sein Credo des Minimalismus verkünden. Auch hier sind es in farblich ganz untypischer Dezenz menschliche Kugelköpfe von zeichenhaft verkürzter Individualität, wie sich das üblicherweise in den Comics durch eine hier etwas steilere oder welligere Haartolle oder ein abstehendes Ohr mehr oder weniger eben auszudrücken pflegt. Mit dieser grundsätzlichen zeichnerischen und stilistischen Simplizität konstruiert Engl auch seine Comics, die als ambitioniertes Beiwerk im Verlag Edition Kunst der Comics in ungewöhnlichen Formaten, seine Haltung gegenüber dem Massenmedium Comic sinnfällig machen. Schon 1988 verlegte Engl bei der Edition Kunst der Comics den ersten Band von »Ost-West- Dialog«, dem er 1989 einen schmalen und sehr unhandlichen Band Nummer zwei folgen ließ.

Auch der Inhalt der Geschichten ist als unhandlich zu bezeichnen, korrespondieren gerade deshalb mit dem Zeichenstil und dem Typ Peter Engl hervorragend. Die Stories behandeln Begegnungen von Ost- und Westdeutschen in den abstrusesten Situationen und mit den perversesten Hintergründen: Ost-westdeutscher Sex. Dem Wunsch des erprobten Comiclesers nach graphischer Finesse erteilt Engl mit seinen stur gleichformatigen Blattaufteilungen abschlägigen Bescheid.

Von wirklich monumentaler Absurdität sind seine Holzskulpturen. Sie schwanken zwischen der kriegerischen Geometrie eines mittelamerikanischen Regengottes und der starren Komposition frühbulgarischer Ikonen. Um das Maß der spielerischen Stillosigkeit voll zu machen, bastelte Engl in diese Kreationen Glühbirnen hinein und verpaßt dem Ensemble dadurch eine plump utilitäre Nutznießung. Ebenfalls in dieser Ausstellung sind Konstruktionen zu sehen, die durch ihren Portalcharakter möglicherweise an Tore erinnern könnten. Mit dem plebejischen Barock eines Hobbydrechslers und der alles erschlagenden Farbigkeit von US-amerikanischen Schultuschkästen geben diese Holzbasteleien der Ausstellung erst die richtige Würze. Hinter ihnen hängen Bildteile, in denen immer wieder ein Stückchen Mauer auftaucht.

Um ja kein Indiz frischer Selbstinszenierung auszulassen, zelebriert Engl in einem Separée den Alptraum einer altfränkischen Anbauwand und zeigt hier neben den schon eingehend beschriebenen großen und kleinen Dingen einige herzige Porzellandöschen zum Aufbewahren von Kondomen nach Art g'schamiger Beaudoirpornographie. Vertrieben werden diese Kleinodien vom Schwermetall- und U-Comix-Verleger Alpha-Comic aus Nürnberg und haben nebst diesem Comicgrossisten auch schon im Kunsthandel Abnehmer gefunden.

Peter Engls unprätentiöse Laxheit markiert einen erholsamen Ausrutscher im pop- artistischen Mief technoider Rasterpunkte. Seine überdimensionierte Comicbildnerei ist dennoch keine hochgezogene Comic-Plakatkunst nach Marke Carlsen und manieristischer Vergrößerungsartisten. Seine überaus schrillen Farbverläufe bewahren sich den Charme einer bunten Plastiktüte, die zum Einkaufen viel zu schade ist. Hans-Jörg Reitheimer

»Deutsch« von Peter Engl bei Contra Forma, Gneisenaustr. 113, 1-61, Mo-Fr 13-19, Sa 11-15 Uhr