Ultrapanik & Today's Crackers

■ Festival „City-Beat '90“ im Schlachthof / Vier Winning Teams mit Rock'n'Roll bis Neo-Punk

Eine Band mußte wegen Erfolges absagen! Fünf von einer hochkompetenten Jury ausgewählte Nachwuchsbands sollten am Mittwoch beim Festival „City- Beat '90“ eine Chance erhalten, vor großem Publikum und live im Radio spielen zu dürfen, aber die Glitzerrocker der Platin Bells waren auch schon von anderen entdeckt worden und touren gerade im kalten Rußland.

Die Spannweite der gespielten Musik war auch so erstaunlich. Zuerst der rührend naive Rock'n'Roll der Bremer Schülerband The Crackers, bei denen man schon genau hinhören und —sehen mußte, um sicher zu sein, ob da ein Leadsänger vor dem Stimmbruch oder eine kurzhaarige Rockerin mit viel Körpereinsatz alle Rock'n'Roll- Attitüden durchspielte. In altersgemäßen Songs wie „Parents to the slaughterhouse“, wozu der Gitarrist eine Horrormaske aufsetzte, klangen sie sehr jung und lebendig. Glatt hätte man vergessen können, daß man sowas nun wirklich schon —zigmal nicht viel anders gehört hat. Die vier spielten so, als wäre Rock noch jung und Elvis lebendig, und steckten mit ihrer unschuldigen Begeisterung das Publikum schnell an.

The Todays spielten dagegen tatsächlich Musik von heute: schnörkelloser, harter Rock wurde von dem Trio aus Wilhelmshaven mit viel Witz und einer einnehmenden Bühnenpräsenz präsentiert. Die Arrangements waren ausgefeilt und originell: Bei einem Stück wurde die Gruppe sogar von einem Cellospieler begleitet, der aber wegen akustischer Schwierigkeiten so weit hinten auf der Bühne spielen mußte, daß ihn kaum einer sehen konnte. Als Zugabe gab es dann ein Piratenlied auf dem Schifferklavier, das an Marc Almond erinnerte.

Dannach fielen die Oldenburger Ultra Magnetic Peas beim Publikum durch. Dabei waren sie die ehrgeizigsten, wohl auch die professionellsten, aber gerade weil jedes Lied so glatt und poliert abgespielt wurde, hatte der Auftritt einen schalen Beigeschmack. Sieben Leute auf der Bühne, Drumcomputer, genau durcharrangierte Stück zwischen Funk und Sophisticated Rock: Das war zu perfekt, zu kühl und gestylt. Auch der Sunnyboy Berthold Brunsen von Radio Bremen 4 konnte nicht zu mehr Beifall animieren. So senkte der Bandleader selbst den Finger nach unten, und Ultra Magnetic Peas zogen schmählich ohne Zugabe von der Bühne.

Johnny Panik, Bremen, eroberte dann aber das Publikum im Sturm. Wunderschön geschmacklos im großkarierten Anzug gröhlte der zottelige Jüngling seinen kompromißlosen Trash von der Bühne herunter. Alle braven RB-4-Hörer liefen schnell weg, die etwas frecheren amüsierten sich prächtig bei dem grandios dahingekotzten Neo-Punk der vier Bremer Jungs. „Johnny Panik“ bewies dann auch noch beachtliche komische Talente, etwa wenn er seine Ansage ausnutzte, um live im Radio nach einer Wohnung zu suchen, oder wenn er den Sponsoren LBS mit Sprüchen wie „Oh Baby, lets bauspar tonight“ ordentlich lächerlich machte. Willy Taub