Bremer Grüne gegen Stillegung des Kali-Bergbaus in Thüringen

■ West-Finanzierung der Werra-Entsalzung gefordert / Appell an Niedersachsen

Seit über 100 Jahren wird die Weser mit Wasser gespeist, das bis zu fünfmal salziger ist als der Atlantik. Schon 1913 wurde der erste Grenzwert gegen die Versalzung der Werra im thüringischen Kali- Bergbau festgelegt, doch eingehalten wurde er weder damals noch heute. Jetzt allerdings, im Jahr eins nach der DDR-Auflösung, könnte sich das Salzproblem sehr schnell erledigen: durch eine Pleite des ehemaligen Staatsbetriebs, der heutigen „Kali-Werra-AG“. Doch dagegen machen sich nun die Bremer Grünen stark.

Eine „bewegende Erfahrung“ sei die Mischung aus „ökonomischem Zusammenbruch und sozialem Kahlschlag“ gewesen, die eine grüne Delegation beim Besuch in Thüringen erlebte, berichtete gestern der grüne Bundestagskandidat Ralf Fücks. Schon heute rechnet der Landrat des Kreises Bad Salzungen damit, daß im nächsten Jahr rund die Hälfte aller Beschäftigten arbeitslos werden. Bei einer völligen Stillegung des Kali-Bergbaus würde diese Zahl noch drastisch steigen. Fazit des grünen Besuchs in der Ex-DDR: „Eine Lösung des Problems im Sinne der Ökologie und einer wirtschaftlichen Zukunft der Thüringer Kali-Region kann es nur mit finanziellem Engagement der westlichen Weser- Anrainer und des Bundes geben.“

Doch genau diese Finanzierung — erst kurz vor dem Mauersturz auf höchster Ebene mit Honeckers DDR vereinbart — bröckelt bereits. In dieser Woche kündigte Niedersachsen den Ausstieg aus der Sanierungs-Finanzierung der Werra an.

Bremen könnte demnächst folgen, fürchten die Grünen und riefen deshalb gestern ihre Hannoveraner KollegInnen auf, nicht auf den schnellen Tod der Thüringer Kali-Industrie, sondern auf eine ökologische Umstellung dieser Düngemittel-Produktion zu setzen.

Auch die Opposition aus FDP und CDU im hannoverschen Landtag machte sich gestern für die Beibehaltung des niedersächsischen 40-Millionen-Anteils an der Weser-Sanierung aus. Umweltministerin Griefahn verwies jedoch auf den Fonds „Deutsche Einheit“. Die Werra-Entsalzung sei nun eine Angelegenheit des neuen Landes Thüringen.

Ein Konzept, das dafür unter Federführung der BASF-Tochter „Kali und Salz“, die im benachbarten Hessen für Kali-Gewinnung und die Salzbelastung der Fulda sorgt, im August vorgelegt wurde, sei jedoch nicht ausreichend, kritisieren die Bremer Grünen. Im Rahmen eines 400-Millionen-Subventions- Programms sind dort nur 185 Mio Mark für Umweltschutzmaßnahmen vorgesehen. Außerdem ist die Nutzung zweier stillgelegter Salzgruben als Giftmülldeponien vorgesehen.

„Wir fordern den Senat auf, seinen Beitrag von 20 Mio Mark unter dem Vorbehalt zu zahlen, daß ein weitergehendes Konzept für die Sanierung erarbeitet wird“, faßte die Bürgerschafts- Abgeordnete Elisabeth Hackstein gestern die grüne Position zusammen. In ein solches Gesamtkonzept müßten auch die hessischen Kali-Betriebe einbezogen werden. Außerdem sollte Thüringen in die „Arbeitsgemeinschaft Weser“ aufgenommen werden, der bislang nur die Länder Hessen, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Bremen angehören.

Ase