Prozeß um „Ecstasy“-Pillen

Zwei US-Busineßmänner und zwei Mitarbeiter der Skandalfirma Imhausen-Chemie stehen wegen der gemeinsamen Herstellung von 1,35 Millionen Pillen der Designerdroge vor Gericht  ■ Aus Offenburg Thomas Scheuer

Wegen der illegalen Herstellung der Chemo-Droge Methylendioxymethylamphetamin (MDMA) müssen sich seit Donnerstag zwei Angestellte der Lahrer Firma Imhausen- Chemie sowie zwei US-amerikanische Geschäftsmänner vor einer Strafkammer des Landgerichts Offenburg verantworten. Aufgeflogen war der Deal im Februar 1989, nur wenige Wochen nachdem die Imhausen-Chemie als Lieferantin einer kompletten Giftgasfabrik ins lybische Rabta für weltweite Schlagzeilen gesorgt hatte.

Hauptbeschuldigte sind die beiden Geschäftsmänner Morris Key und Charles Pofahl aus Dallas in Texas. Diese bezogen ab 1985 von Imhausen zunächst das damals nicht genehmigungspflichtige MDMA- Vorprodukt Piperonylmethylketon (PMK). Die Droge selbst, auf dem Schwarzmarkt als „Ecstasy“ oder „Adam“ gehandelt, ließen sie von der Pharma-Firma Unipharm in Guatemala herstellen und schmuggelten sie von dort aus in die USA. Später ließen die Texaner bei Imhausen gleich 170 Kilo des fertigen Endproduktes MDMA herstellen und bei der Firma Astrapin in Pfaffen-Schwabenheim zu 1,35 Millionen Tabletten pressen, und sie verlagerten wegen des gestiegenen Risikos in den USA auch den Absatz der Drogenpillen nach Europa. Ein Teil des Stoffes konnte jedoch im Keller eines Blumenladens in Amsterdam von Drogenfahndern sichergestellt werden.

Die angeklagten Imhausen-Mitarbeiter, der Prokurist Ingo Graefe und der Chemiker Jean-Marie Grunenwald, wollen damals übersehen haben, daß der Chemo-Dope in der BRD bereits seit 1986 auf der Liste der „nicht verkehrsfähigen“ Betäubungsmittel stand. Als „Betriebsunfall bei der Firma Imhausen“ ordnete einer der Verteidiger die Drogenaffäre ein. Das Verfahren gegen den dritten Imhausen-Angeklagten, den Geschäftsführer Renner, wurde abgetrennt, da er nach einem Selbstmordversuch im Frühjahr noch als nicht verhandlungsfähig gilt. Auch der Texaner Key will in dem Glauben gehandelt haben, MDMA sei in der BRD erlaubt. Sein Partner Pofahl wollte dazu nicht aussagen. Insgesamt sind im Rahmen dieser Affäre rund 25 Beschuldigte in Strafverfahren in verschiedenen Ländern, vor allem in den USA, verwickelt.

Der Offenburger Prozeß provoziert auch Fragen nach der Sorgfaltspflicht der deutschen Chemieindustrie beim Handel mit drogengeeigneten Produkten auf. So berichtete der Angeklagte Key, er sei aufgrund einer Anfrage vom Verband der chemischen Industrie (VCI) an die Imhausen-Chemie verwiesen worden. Die UNO-Drogenbekämpfungsbehörde in Wien rügte die Chemie- Branche der Schweiz und der BRD wegen ihres leichtfertigen Handels mit Drogenvorprodukten. Im Offenburger Prozeß um die größte bisher in der BRD beschlagnahmte Menge MDMA ist das Urteil Anfang Dezember zu erwarten.