Grüne feiern Geburtstag

Berlin (taz) — Anderthalb Wochen vor ihrem Ende als eigenständige Partei luden die Grünen der ehemaligen DDR gestern in Berlin zu einer Pressekonferenz, um auf ihr einjähriges Bestehen hinzuweisen. Doch weniger die Vergangenheit war von Interesse als vielmehr Gegenwart und Zukunft der rund fünftausend Mitglieder starken Organisation, die in Anlehnung an die Gründung grüner Parteien in Osteuropa entstanden war, nun aber am 3. Dezember mit ihrer westlichen Schwesterpartei fusionieren wird, wie Gründungsmitglied Carlo Jordan den Spannungsbogen beschrieb.

Die Gegenwart, das ist der Bundestagswahlkampf. Vorstandsmitglied Friedrich Heilmann wies darauf hin, daß fast alle Mitglieder der 218 Kreisverbände aktiv und auch für die vierte Kampagne in diesem Jahr noch zu mobilisieren seien — „zwar mit Mühe, aber es gelingt noch“. Die Grünen, die gemeinsam mit dem Bündnis 90 antreten, stellen die SpitzenkandidatInnen Vera Wollenberger in Thüringen und Klaus Feige in Mecklenburg/Vorpommern.

Die Erfahrungen aus der Zeit der Opposition gegen das SED-Regime und der Wende, aber auch die kurze Periode ihrer Eigenständigkeit und ihre größere Basisnähe geben den Ost-Grünen genug Selbstbewußtsein und die Hoffnung, nicht einfach in den West-Grünen mit ihren Richtungsstreitigkeiten unterzugehen. Die Fusion, so Jordan, sei kein einmaliger Akt, sondern ein Prozeß, der erst mit einem neuen Programm und einem „gemeinsamen“ Parteitag abgeschlossen sei. Dieser ist für den Frühsommer 91 anvisiert und soll nach Wunsch der ehemaligen DDRlerInnen in Bitterfeld stattfinden, ein Ansinnen, das bei den WestlerInnen nicht unbedingt auf Zustimmung stoße. Man will das neue Programm dort verabschieden, wo die ökologische Katastrophe am größten ist. bs