Fassadenhaie ins Netz gegangen

■ Baubetrüger lockten mit Dumpingpreisen / „Leider doppelt so teuer“

Wer sein in die Jahre gekommenes Eigenheim durch eine neue Fassade wieder aufputzen will, kann dabei so manche böse Überraschung erleben. Über Lockangebote in Zeitungsanzeigen gehen „Fassadenhaie“ auf KundInnenfang. Sie werben mit günstigen „Winterpreisen“ und kurzen Bauzeiten für ihre Kunststoff- Fassaden in Putz-oder Klinker- Struktur mit „Vollwärmeisolierung“. Hat eine Kundin angebissen, kommt ein Firmenvertreter mit einem Kostenvoranschlag, wenige Tage später rückt die Baukolonne an.

Die Freude der HausbesitzerInnen über die zügige Abwicklung hält jedoch meist nicht lange an. Der Vertreter erscheint erneut und verlangt für „unvorhersehbare Verteuerungen“ oft das Doppelte der ursprünglichen Summe. Die Bremer Planungswerkstatt hat über einen Zeitungsaufruf Erfahrungsberichte von „Haigeschädigten“ gesammelt. Zu den Opfern zählten überwiegend ältere Leute. Waren sie nicht zahlungswillig, drohte die Firma damit, das Haus in halbfertigem Zustand stehenzulassen. Die Geldeintreiber schreckten, vor allem bei alleinstehenden Rentnerinnen, auch nicht vor Pressionen zurück. Lediglich ein resuluter 56jähriger, der drohte, in zehn Minuten stehe sein Anwalt am Gerüst, erreichte die Beendigung des Baus zum Ausgangspreis und setzte sogar noch einige Extras durch. Meist waren die Renovierungswilligen jedoch so eingeschüchtert, daß sie den überhöhten Preis zahlten.

Gegenüber der Planungswerkstatt wurde immer wieder die Firma Beeger mit Sitz in Stuhr genannt. Gegen Firmenchef Hans- Dieter Beeger und sieben weitere Angeklagte hat die Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Verden jetzt ein Verfahren eröffnet. Dabei geht es auch um etliche von 180 Fällen, die die Bremer Staatsanwaltschaft gesammelt hat. Die Hauptverhandlung beschränkt sich auf 72 Fälle, in denen zwischen 1982 und 1987 ein Schaden von rund 700.000 Mark entstand. Die Angeklagten gelten als Drahtzieher einer Fassaden- und Dachhai-Maffia, die vor allem im gesamten norddeutschen Raum, aber auch in Süddeutschland ihr Unwesen trieb. Die Staatsanwaltschaft hat insgesamt 110 ZeugInnen für den Prozeß benannt. Der Vorsitzende der Kammer, Hans-Joachim Stünker, rechnet mit einer Verhandlungsdauer von einem Dreivierteljahr. Oberstaatsanwalt Martin Ballhorn aus Stade: „Daß hier Betrug vorliegt, ist klar . Aber wir müssen im Verfahren klären, wie weit das nachweisbar ist, und das ist kompliziert.“ Ein Sachverständiger muß in jedem einzelnen Fall nachmessen und nachrechnen. Ob die Geschädigten im Falle einer Verrteilung etwas von ihrem Geld wiedersehen, ist fraglich, denn die Baubetrüger bringen ihr Scherflein notfalls durch Konkurs ins Trockene.

asp