Meisner rettet das HMI

■ Schreyers Negativbescheid für den Forschungsmeiler wird aufgehoben/ Genehmigung erst im nächsten Jahr/ Meisner wird Töpfer in Bonn treffen

Berlin. Die von Ex-Umweltsenatorin Michaele Schreyer (AL-nah) heftig bedrängten Reaktorforscher im Hahn-Meitner-Institut können aufatmen. Voraussichtlich noch vor den Wahlen am 2. Dezember wird Finanzsenator Norbert Meisner (SPD) in seiner Eigenschaft als kommissarischer Umweltsenator den Negativbescheid seiner Vorgängerin aufheben. Bereits in der SPD-Fraktionssitzung am Dienstag kündigte Meisner an, er werde Schreyers Neinwort für den Reaktor rasch rückgängig machen. Heute wird der SPD-Senator diese Entscheidung voraussichtlich öffentlich verkünden.

Dem Senat sitzt nicht nur Bundesforschungsminister Riesenhuber im Nacken, sondern auch der Bonner Umweltminister Töpfer (ebenfalls CDU). Am Montag früh um acht Uhr muß Meisner bei Töpfer zu dem »bundesaufsichtlichen Gespräch« in Sachen HMI antanzen, zu dem Schreyer eigentlich schon für letzten Dienstag geladen war. Wegen Schreyers Rücktritt platzte dieser Termin.

In Bonn hofft man, daß Meisner zu Kreuze kriecht und den Reaktor genehmigt, ohne daß Bonn eine Weisung erteilen muß. »Unser Ziel ist eine einvernehmliche Regelung«, sagt Töpfers Sprecherin Marlene Mühe. Auch die Berliner CDU- Fraktion macht Druck. Per Dringlichkeitsantrag will sie im Abgeordnetenhaus durchsetzen, daß der HMI-Reaktor »sofort« genehmigt wird.

Dieser Forderung kann Meisner freilich nicht nachkommen. Das neue Genehmigungsverfahren, das er einleiten wolle, könne voraussichtlich erst im Januar oder Februar abgeschlossen werden, sagte Meisner vor der SPD-Fraktion. Begründung: Die Arbeiten an dem neuen, positiven Bescheid müßten »sehr sorgfältig« vonstatten gehen.

Sorgfalt scheint in der Tat angebracht. Schreyers Negativbescheid fand zwar vor den beiden Gutachtern Grundei und Wahl kaum Gnade und wurde als »rechtswidrig« abqualifiziert. Experten werfen aber auch dem Gutachter Wahl peinliche Fehler vor: So habe er die für Reaktorgenehmigungen verbindlichen atomrechtlichen Verfahrensvorschriften nicht zur Kenntnis genommen und statt dessen Begriffe aus dem Verwaltungsverfahrensgesetz verwendet, die hier überhaupt nicht anwendbar seien.

Meisner muß folglich vorsichtig sein. Mutig ist er allemal. Denn bei den Abgeordnetenhauswahlen kandidiert der SPD-Politiker ausgerechnet im Wahlkreis Wannsee/Nikolassee, in dem Gebiet, in dem auch der Forschungsreaktor steht. Kaum zu erwarten, daß die Anwohner Meisners Bemühungen um eine Genehmigung für den Reaktor honorieren werden, wenn sie am 2. Dezember ihr Kreuzchen machen. hmt