Beschmiertes Eigenheim

■ Serienkillerfilm »Rampage« im Eiszeit

Der nette, junge Tankwart hat ein Problem: Er braucht in regelmäßigen Abständen einen Blutwechsel, denn sie sind hinter ihm her und haben sein Blut vergiftet. Ähnlich den Christen, die das Blut ihres genagelten Herren schlürfen, den Nazis, die Blut und Boden anbeten und Dracula, der Blut zum Leben braucht, ist der Frischblutfanatiker auf den berauschenden Geschmack von Hämoglobin gekommen. Er hat sich in den christlich-nazistisch-okkulten Paranoia-Schaltkreis eingeklinkt und führt entsprechende Säuberungsakte durch. Töten, zerstückeln, ausweiden, Blut abschöpfen und trinken. Wo Gift war, ist jetzt wieder Reinheit.

Das Problem des aufstrebenden, gläubigen Staatsanwaltes ist diametral entgegengesetzter Art. Seine saubere, heile Welt im geschmackvoll eingerichteten Eigenheim mit Kaminfeuer und Ehefrau ist durch den blutjiepernden Serienkiller beschmiert worden. Wo Schmusekissen war, ist jetzt Schmutz. Getrieben von zunehmendem Haß und Entsetzen bei der Ermittlungsarbeit, hält der einstige engagierte Gegner der Todesstrafe ein hinreißendes Plädoyer für die Hinrichtung. Die 12 Geschworenen in amerikanischen Gerichtsfilmen haben bei eindringlich geführten Mordprozessen immer ein kniffeliges Problem. Diesmal lautet es: Todesstrafe — ja oder nein? Ist der Mörder zurechnungsfähig oder unzurechnungsfähig? Sind seine Gehirnwindungen gesund oder krank? Die überaus unangenehme Situation der Entscheidungsfindung reicht Regisseur Friedkin ans Kinopublikum weiter. Wie würden Sie entscheiden? (Das ist ja auch der Zweck von Gerichtsfilmen.)

Das Problem von William Friedkin besteht darin, die Geschichte zu Ende zu kriegen und auf den letzten Filmmetern, Stellung zu beziehen. Drückebergerischerweise verläßt er den ethischen, politischen, sozialen und psychologischen Schlagabtausch und setzt auf die Gehirnneurologie — krankes Zellengut macht Blutrausch.

Alles in allem ein satter Problemfilm, wie er hierzulande selten gedreht wird. (Abschließender sachdienlicher Hinweis: die Tranchierszenen sind sehr zurückhaltend gefilmt.) Volker Gunske

a»Rampage«, USA 1988 (OF), im Eiszeit heute 23.30 Uhr und Di.-Fr. 20 Uhr.