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Freiheitsstrafe muß abgeschafft werden

Erster „Alternativer Juristentag“ fordert radikale Reformen im Strafvollzug/ Diskussion um Verfassung  ■ Aus Hannover Jürgen Voges

Mit einer Resolution zur „Abschaffung der Freiheitsstrafe“ ist gestern in Hannover der erste „Alternative Juristentag“ zu Ende gegangen, zu dem sich 250 „fortschrittliche Juristinnen und Juristen“ aus der ganzen Bundesrepublik getroffen hatten, um über eine „freiheitliche, aufgeklärte und damit alternative Rechtspolitik nachzudenken und offen zu sprechen“. In ihrer fast einstimmig angenommen Resolution bezeichneten die JuristInnen die Freiheitstrafe als „weder legitimierbare noch geeignete Reaktion auf strafbares Verhalten“. Da die Freiheitsstrafe Menschen zerstöre, müsse sie überwunden werden. Als „sofort zu verwirklichende Schritte“ zu diesem Ziel verlangte der Alternative Juristentag die Abschaffung der lebenslangen Freiheitsstrafe und der Sicherungsverwahrung, die Schließung aller Isolierstationen und -trakte in den Gefängnissen, den Wegfall der Mindeststrafen und mehr Möglichkeiten für Bewährungsstrafen.

Zur ersten Gegenveranstaltung zum „Deutschen Juristentag“ hatten unter anderem die Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Juristen, der Republikanische AnwältInnenverein, die Arbeitsgemeinschaft Demokratie und Recht der Grünen, die Humanistische Union und andere liberale und linke JuristInnenorganisationen aufgerufen. Die Notwendigkeit eines alternativen Juristentages begründete der ehemalige Richter am Oberlandesgericht Theo Rasehorn einleitend mit den „Defiziten des real existierenden Juristentages“, auf dem der gesellschaftliche Bezug an den Rand gedrängt worden sei. Die alternativen Juristen wollten dem gegenüber gesellschaftsbezogene Themen, wie Fragen der Rechtskultur und des Rechtsbewußtseins in den Mittelpunkt stellen und dabei auch an Rechtspolitik interessierte Bürger beteiligen. Für Hannover hatten die alternativen JuristInnen unter anderem die Themen „Bürgerfreiheit gegen Staatsgewalt“, die „fremdverschuldete Ausbeutung der Frauen“ und die Verfassungsdiskussion auf das Programm gesetzt.

In der letzten Diskussionrunde forderte der Bremer Professor Ulrich K. Preuß die Linken auf, in die Diskussion über eine neue Verfassung der Bundesrepublik einzugreifen. In seinem Vortrag über „Die Verfassung als Herrschaftskritik“ bezeichnete Preuß Verfassungen als „institutionalisierte Kritik der Macht, die rohe und unrationalisierte Gewalt in der Gesellschaft binden“. Er forderte ein modernes Verfassungskonzept, „das die Aufklärung der Gesellschaft über ihr kollektives Selbstschädigungspotential institutionell ermöglicht“. Auch ohne den Beitritt der neuen Bundesländer habe sich die Bundesrepublik in den vergangenen Jahren so grundlegend verändert, daß eine „Revision des Grundgesetzes“ unumgänglich sei. Notwendig sei „eine grundlegende Umorientierung auf eine ökologische Wirtschaftsweise, die Steuerung der technologischen Entwicklung, die Umgestaltung der Geschlechter- und Generationsbeziehungen“ und eine „Erweiterung des politischen Systems um wirkungsvolle Beteiligungsrechte der Bürger“.

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