Garbarek in Vegesack

■ Der norwegische Saxophonist spielte im Kito frischer als erwartet

Anfang der 80er Jahre begann er zu langweilen! Die Karriere von Jan Garbarek schien endgültig zu versanden: auf jeder zweiten Produktion des ECM Labels war der Saxophonist aus Norwegen zu hören — und nach den spannenden Tönen seiner Newcomer-Zeit klang er immer fader und kultiviert im schlimmsten Sinne des Wortes. Mehr als fünf Jahre nach seinem letzen Konzert in Bremen trat er jetzt im Kito auf, und die Besetzung seiner Band mit Eberhard Weber (b), Rainer Brüninghaus (keyb) und Nana Vasconcelos (perc)- allesamt alte Kumpanen aus der ECM-Riege — ließ Schlimmes vermuten.

Aber es gab eine Überraschung: Garbarek ist wieder aufgewacht. Mit langen Haaren sieht er nicht nur jünger aus als vor zehn Jahren, er klingt plötzlich auch wieder frisch und aufregend. Und er tritt all den Jazzpuristen, die ihm ihre staubige Treue gehalten haben, kräftig ans Schienbein, indem er allerhand elektronische Tricks.

Seine neuen Kompositionen sind der Folklore seiner Heimat nachempfunden und das Bodenständig-Volksliedhafte der Stücke hielt ihn von allzu schwärmerischen Virtuositäten ab. Das kam seiner Musik zugute — alles klang präzise, durcharrangiert, und verblüffend kulinarisch.

Vielleicht wäre das Konzert ohne Nana Vasconcelos in nordischer Melancholie versunken, aber der brasilianische Perkussionisten bildete einen Konterpart, an dem sich Garbarek reiben konnte, so daß die Musik spannend blieb. Vasconcelos war der Wärmepol der Gruppe: er spielte nicht nur ununterbrochen seine exotischen Perkussionsinstrumente wie das Berimbau, Congas oder einen Tonkrug; er sang auch immer wieder pointierte rhythmische Kürzel und bediente den Rhythmuscomputer.

Vielleicht hat Garbarek einen neuen Ehrgeiz: Als Saxophonist hat er großen Ruhm geerntet und sich auch lange auf den Lorbeeren ausgeruht, nun will er eine gut klingende Gruppe leiten. Dabei schielt er wohl auch ein wenig auf breitere Hörerschichten, aber bis jetzt kommt das seiner Musik zugute. Gegen Ende des Konzerts spielte die Gruppe einen von Garbareks alten Hits. Aber auch „Hasta Siempre“ schien mit wieder jung geworden zu sein.

Früher war Garbarek fast jedes Jahr in Bremen zu hören — nach diesem Konzert könnte diese Tradition ruhig eine Zeitlang wieder aufgenommen werden. Willy Taub