Hat nur die Polizei Schuld am Bürgerkrieg?

■ Wurde eine friedliche Lösung für die Mainzer Straße nur von der Polizei verhindert?/ Eine andere Darstellung

Friedrichshain. Einen Moment sah es so aus, als könnte der Aufstand in der Mainzer Straße ein friedliches Ende finden. Am Montag letzter Woche — als zum ersten Mal die Schlacht zwischen Hausbesetzern und Polizei tobte — hatte Bezirksbürgermeister Helios Mendiburu eine Verhandlungspause erreichen können: Kurz nach 12 Uhr rückte ein großer Teil der Polizei ab, doch — so Besetzer und oppositionelle Politiker —, die Ordnungskräfte hätten zwei Stunden später an der Scharnweber Straße »grundlos« angegriffen. Für das Scheitern der Verhandlungen trage deshalb nur einer die Schuld: die Polizei. Doch die Polizei und der Friedrichshainer Bürgermeister stellen die Situation anders dar.

Nach Darstellung des Einsatzleiters hätten Bauarbeiter von der Scharnweber Straße 29 die Polizei gerufen, weil sie verhindern wollten, daß »Barrikadenbauer« auch explosive Sauerstoff- und Azetylenflaschen auf Barrikadenhaufen werfen. Doch ein einziger Mannschaftswagen, von dem aus der Notruf überprüft werden sollte, sei an der Ecke Colbestraße »sofort« mit Pflastersteinen beworfen worden. Erst daraufhin sei massiv Polizei und ein gepanzertes Räumfahrzeug eingesetzt worden, die Bauarbeiter hätten danach die Baustelle mit ihren Fahrzeugen und den gefährlichen Flaschen verlassen können. Dabei habe man bemerkt, daß trotz Verhandlungspause an den Barrikaden weiter gebaut worden sei.

Helios Mendiburu war an die Straßenecke geeilt, erinnerte er sich gestern, weil dort der Kampf aufflackerte. Er hätte sofort in ein Haustor flüchten müssen, um sich vor dem »Steinhagel von den Dächern« zu schützen. Der SPD-Politiker bestätigt, daß manche Besetzer während der Verhandlungspause weiter aufgerüstet hätten. Er selbst habe gesehen, wie Steine aus der Straße gebrochen, in Eimern gesammelt und dann in Hauseingänge getragen wurden. Auf seine Bitte, »den Unsinn nicht noch schlimmer zu machen«, sei geantwortet worden, daß er die Fresse halten soll. Ein friedlicher Besetzer habe resigniert eingestanden: »Es ist alles zu spät.«

Glaubt man der Polizei und Mendiburu, dann hat nicht nur eine Seite Schuld am Scheitern einer friedlichen Lösung. Dirk Wildt