Schwere Vorwürfe gegen Hans Modrow

■ Justizsenatorin wirft früherem DDR-Premier vor, Ermittlungen gegen Schalck-Golodkowski massiv behindert zu haben

Berlin. Nachdem Innensenator Pätzold am Dienstag — sechs Tage vor der Wahl — Details aus laufenden staatsanwaltlichen Ermittlungen gegen die PDS bekanntgab und damit Gregor Gysi belastete, nahm seine Kollegin Justizsenatorin gestern Hans Modrow aufs Korn: Der frühere DDR-Ministerpräsident soll die Ermittlungen gegen den SED-Devisenschieber Alexander Schalck-Golodkowski massiv behindert haben. Als Beleg zitiert die sozialdemokratische Senatorin eine Anordnung Modrows vom 3. Dezember 1989. Dort heißt es nach Angaben von Limbach wörtlich: »Aus Gründen der nationalen Sicherheit ordne ich an, daß mit sofortiger Wirkung der Einsichtnahme in die Geschäftsakten der Hauptabteilung I des Bereiches Kommerzielle Koordination nicht stattgegeben wird.«

Schalck-Golodkowski war Chef der Kommerziellen Koordination (KoKo). Aus der Anweisung ergebe sich, so Limbach, daß Modrow »offensichtlich wesentliche Bereiche aus der Strafverfolgung ganz heraushalten wollte«. Seit damals seien auch wichtige Akten verschwunden. So seien fünf Koffer mit umfangreichen Geschäfts- und Kontounterlagen, die Schalck kurz vor seiner Flucht nach West-Berlin zusammengestellt habe, unauffindbar. In den Koffern sollen sich Listen der Treuhänder, der getarnten Firmen sowie der Kontoverbindungen im Ausland befunden haben. Diese Unterlagen hätten sichergestellt werden können, wenn Modrow auf die Anordnung verzichtet hätte.

Aufgabe der Hauptabteilung I der KoKo seien verdeckte Operationen gewesen, die der Geheimhaltung unterlagen. Dazu habe auch die Gründung und der Kontakt zu getarnten Firmen im Ausland gehört. Schalck- Golodkowski lebt zur Zeit in Rottach-Egern am Tegernsee. Die Arbeitsgruppe »Regierungskriminalität« bei der Berliner Staatsanwaltschaft ermittelt gegen ihn. Der noch zu DDR-Zeiten geltende Haftbefehl besteht nicht mehr. Der Erlaß eines neuen könne momentan noch nicht bejaht werden, erklärte Limbach gestern. Die Aufklärung werde aber »mit Hochdruck« fortgeführt. ccm