Metaller-Demo gegen die Treuhand

■ Gewerkschafter fordern Struktur-und Branchenkonzepte für Ostbundesländer und Regionen/ Treuhand soll Betriebe sanieren statt privatisieren/ 23.000 Arbeitsplätze in akuter Gefahr

Berlin. Rund 3.000 Metaller aus Berlin und Brandenburg versammelten sich gestern vor dem Haus der Treuhandanstalt am Alexanderplatz. Mit Transparenten »Wir lassen uns von der Treuhand nicht verschaukeln« und »Arbeitsplätze sichern, statt Privatisierung und Arbeitsplatzvernichtung« demonstrierten sie für die Sanierung von Betrieben in der ehemaligen DDR und damit für die Erhaltung von Arbeitsplätzen.

Zu dieser ersten Protestaktion gegen die Politik der Treuhand hatten die IG-Metall-Bezirksgeschäftstellen in Berlin-Brandenburg aufgerufen. Manfred Foede, erster Bevollmächtigter der IG-Metall Berlin, verwies darauf, daß fast alle Betriebe der ehemaligen DDR von der Geschäftspolitik der Treuhand abhängig seien. Da die Betriebe ohne Kredite und ohne Investitionen nicht überleben können, entscheide die Treuhand über fast vier Millionen Arbeitsplätze. Nach dem Motto »koste es, was es wolle« würde die Treuhand sich wie ein Maklerbüro benehmen und das volkseigene Vermögen an meistbietende private Unternehmen verkaufen, auch dann, wenn dadurch Hunderttausende Arbeitsplätze vernichtet werden, sagte Foede. Er forderte die Treuhand auf, strukturpolitische Gesichtspunkte in den Vordergrund zu stellen. Es könnten Paketlösungen favorisiert werden, in denen die Verkaufserlöse nicht maximiert und der Verkauf an Auflagen und Bedingungen für den Erhalt von Arbeitsplätzen geknüpft wird. An den Sanierungskonzepten müßten die Gewerkschaften beteiligt werden, forderte Foede.

In einem während der Protestdemonstration verlesenen Brief an Bundeskanzler Kohl und Finanzminister Waigel forderte die IG-Metall ein arbeitsplatzsicherndes Struktur- und Struktursicherungskonzept für die fünf neuen Bundesländer und regionale Entwicklungsprogramme. Die Gewerkschaften sollten an Entwurf und Durchführung beteiligt werden.

In einem Pressegespräch im Anschluß an die Demonstration wies Foede auf die angespannte Situation auf dem Ostberliner Arbeitsmarkt hin. Eine gestern abgeschlossene Untersuchung in 58 Ostberliner Metallbetrieben habe ergeben, daß von den 74.000 im Juni beschäftigten Metallern derzeit noch 60.000 arbeiten. Nach Ablauf der Kündigungsfrist am 30. Juni 1991 würden 23.000 auf der Straße sitzen. »Die Privatisierungspolitik der Treuhand schafft ein Potential für soziale Unruhen«, warnte Foede gestern. aku