Der bestgebaute Mann der Welt

■ Über Arnold Schwarzenegger und „Red Heat“, RTLplus, 22.00 Uhr

Arnold Schwarzenegger gehörte zu den glücklichen Menschen die schon sehr früh ganz genau wissen, was sie einmal werden wollen. Nachdem er als Kind unzählige Male von seinen Spielkameraden Dresche bezogen hatte, eröffnete der fünfzehnjährige Arnie seinem Papa, er wolle der „bestgebaute Mann der Welt“ werden, rüber nach Amerika gehen und als Filmstar die dicke Kohle scheffeln. Fortan trainierte der pubertierende Bub aus Graz seinen Körper und vernachläßigte seinen Geist. Die Quälerei wurde belohnt.

Eine der vielen Hollywood-Legenden erzählt, daß George „Star Wars“ Lucas und Ed Summer, ein New Yorker Comicladenbesitzer, Arnold in dem Bodybuilding-Lichtspiel Pumping Iron gesehen hatten und ihn dem Produzenten Edward R. Pressmann als ideale Besetzung für sein Hau-drauf-und-stech-tot-Projekt Conan der Barbar aufschwatzten. Doch es gab ein paar Probleme. Arnie war zwar sofort begeistert von der Geschichte, aber seine darstellerischen Ausdrucksmöglichkeiten beschränkten sich einzig und allein auf das Vorzeigen seiner Muskeln. Also wurde er verpflichtet, Schauspielunterricht zu nehmen. Der Versuch ging jedoch ebenso schief wie die händeringenden Bemühungen eines Sprachtrainers, der angeheuert worden war, ihm seinen europäischen Hinterwäldler-Dialekt abzugewöhnen. Man löste schließlich das Problem, indem man Conan möglichst selten das Maul aufmachen ließ.

Verzweifelt versuchte man ihn auf die unvermeidlichen Interviews vorzubereiten, aber auch dieser Versuch scheiterte kläglich. Gleich in seinem ersten Statement entblößte sich Arnie hemmungslos: „Ich liebe es, Conan zu spielen. Und ich liebe es auch, schmutzig und schmierig zu sein in dieser Rolle. Es macht Spaß, ein Schwert zu schwingen und jemanden sterben zu sehen in einer Blutlache.“

In Amerika haben sie noch jeden Blödsinn gewinnbringend vermarket, und so kamen auch die cleveren Hollywood-Manager auf die geniale Idee die offensichtliche Schwäche des österreichischen Muskelgebirges in eine Stärke umzuwandeln. Fortan wurde Arnie mit Rollen eingedeckt in denen er, ungetrübt von jeglichem schauspielerischem Talent, agieren konnte. Regisseur James Cameron brachte diese Konzept zur Perfektion, als er den Körper aus Graz für seinen Terminator als Titelhelden engagierte. Big Arnie mimte einen Roboter. Die Rolle war ihm auf den Leib geschrieben, der Streifen wurde zum Kultfilm.

Auch Walter Hill nutzte das nichtvorhandene Talent des Muskelmanns. Als der Regisseur 1987 jemanden suchte der in seinem Actionfilm Red Heat einen stumpfsinnigen russischen Bullen darstellen sollte, war Arnie mit seinem Neandertal- Image die Antwort. Allerdings packte Hill die Sache etwas naiv an. Er besorgte für Arnie dutzende von Videofilmen in denen Ausländer Russen-Rollen spielen. Walter Hill war der Meinung, Arnie könnte vielleicht etwas lernen. Weit gefehlt! Mr. Schwarzenegger hielt nur nach dem Ausschau, was er auch immer vor der Kamera tat. Bei Lubitsch glaubte er fündig geworden zu sein: „Ich sah Ninotschka mehrere Male und wußte, genau so wie die Garbo muß ich die Rolle spielen: eine kalte, arrogante Maschine. Bei ihrer Szene der Ankunft in Paris sieht die Garbo auch immer weg, das Kinn erhoben, total arrogant, und so hab ich's dann auch gemacht.“

Red Heat wurde als Glasnost-Thriller vermarktet. Ein paar russischer Gangster haben das mit der gesellschaftlichen Transparenz nicht richtig kapiert und versuchen Mütterchen Rußland mit Kokain voll zu pumpen. An dieser Stelle kommt Arnie alias Ivan Danko, Mordkommssion Moskau ins Spiel. Der gute Ivan räumt mit seinem Ballermann auf. Einer der Bösewichte kann jedoch entkommen und flieht in die USA. Er wird in Chicago geschnappt, und man schickt Ivan rüber um ihn abzuholen. Als er dort ankommt, macht ihm sein US-Kollege Art Ridzik (James Belushi) darauf aufmerksam, daß Dirty-Harry-Methoden unerwünscht seien. Das ungleiche Paar macht sich auf, den inzwischen wieder geflohenen Gangster, einzufangen, wobei halb Chicago zu Bruch geht.

Das erste Viertel von Red Heat spielt in Moskau und wurde auch dort gedreht. Als Arnie das erste Mal auf dem Roten Platz auftauchte, staunte er nicht schlecht, als Dutzende von Jugendlichen auf ihn einstürmten und ein Autogramm von „Conan“ wollten. In den nächsten Tagen wurde es noch schlimmer, die Filmleute hatten den florierenden Video- Schwarzmarkt in der Sowjetunion unterschätzt. Aber Arnie kam mit den Russen prima klar, wie er in einem Interview verriet: „Ihr politisches System geht mir gegen den Strich, aber das russische Volk, das sind Leute genauso wie bei uns.“

Ein Schauspieler wird Arnie niemals werden. Aber Multimillionär ist er schon längst. Für Conan kassierte er eine Million Dollar, Red Heat brachte ihn schon zehn Millionen. Das Geld brachte Arnie endlich dazu, nicht nur Bizeps und Trizeps, sondern auch seinen Kopf zu gebrauchen. Er beendete erfolgreich ein Ökonomiestudium an der Universität von Wisconsin und kapierte danach sehr schnell, wo es lang geht im Kapitalismus. Heute ist er Immobilienmakler, Versandhaus-Chef für Fitneßartikel, Autor auflagenstarker Lehrbücher über Bodybuilding und natürlich Filmstar. Karl Wegmann