Polen: Roma bleiben draußen

■ Polnische Regierung beschließt Einreisebeschränkungen für Rumänen/ CSFR will „Maßnahmen“ angesichts des Besucherstroms aus der Sowjetunion koordinieren

Warschau (taz/adn) — Polen wird ab 1.Dezember dieses Jahres Einreisebeschränkungen für Rumänen einführen. Zbigniew Skoczylas, Flüchtlingsbeauftragter des polnischen Innenministeriums, gab am Dienstag bekannt, daß rumänische Reisende künftig an der Grenze eine gültige Rückfahrkarte und 10 Dollar Reisegeld pro Tag vorweisen müssen. Transitreisende Richtung Westen müssen im Besitz eines gültigen Visums des Ziellandes sein. Skoczylas teilte mit, daß sich im Tagesdurchschnitt zwischen 35.000 und 50.000 Rumänen, hauptsächlich Roma, in Polen aufhalten. Sie würden sich während ihres Aufenthalts, der maximal 90 Tage betragen darf, mit Kleinhandel, Schwarzarbeit und Betteln über Wasser halten. Es gebe auch Hinweise auf die Beteiligung rumänischer Roma an Diebstählen und Raubüberfällen. Man werde daher künftig im Fall von Straftaten einen entsprechenden Vermerk in den Reisepaß stempeln, was einem Einreiseverbot gleichkomme. Der Flüchtlingsbeauftragte drückte sein Mitgefühl für die Roma aus, meinte aber gleichzeitig, „sie sind in der Masse auf Dauer eine unzumutbare Belastung“. In einem Kommentar des polnischen Rundfunks wurde darauf hingewiesen, daß die jetzt gegen die Roma verhängten Beschränkungen denen ähnelten, die seitens westlicher Länder gegen Polen ergriffen worden seien. Just zum Zeitpunkt des polnischen Erlasses verhandelten die Staaten des „Schengener Abkommens“, dem auch Italien beigetreten ist, über Deutschlands Absicht, Reisenden aus Polen für 90 Tage einen visumsfreien Aufenthalt zu ermöglichen, wobei allerdings nach wie vor jegliche Erwerbsarbeit untersagt bliebe.

Mit der Regierungsmaxime, für die eigenen Staatsbürger unter Hinweis auf die Menschenrechtskonventionen und die Helsinki-Schlußakte Freizügigkeit zu fordern, sie aber den (noch ärmeren) östlichen Nachbarn zu verweigern, steht Polen allerdings nicht allein. Jan Langos, Innenminister der CSFR, engagierter Katholik und ehemals Vorkämpfer für die Menschenrechte, erklärte am Dienstag in Prag, er habe mit seinen Kollegen in Warschau und Budapest „geeignete Maßnahmen“ ergriffen, um für den kommenden Flüchtlingsstrom aus dem Osten gerüstet zu sein. Nach Meinung ostmitteleuropäischer Experten sind nächstes Jahr mit der Liberalisierung des Reiseverkehrs aus der Sowjetunion zwei bis drei Millionen Reisende zu erwarten. Viktor Parkan, Leiter des CSFR-Flüchtlingsbüros, ließ verlauten, die CSFR sei „weder psychisch noch moralisch“ auf einen massiven Flüchtlingsansturm vorbereitet. In der CSFR sind zur Zeit etwas mehr als 300 Flüchtlinge in zwei Flüchtlingslagern untergebracht. Die CSFR-Regierung hat mit der Errichtung weiterer Lager begonnen; über deren Zahl und Standort wollte sie sich nicht äußern. C.S.