„Vorweihnachtliche Kopfgeburt“

München (taz) — Im Münchner Rathaus will Mann mit gutem Beispiel vorangehen und ist der patriarchalischen Sprache mal etwas auf den Leib gerückt. In einem Rundschreiben von SPD-Oberbürgermeister Georg Kronawitter wird das Problem der „sprachlichen Ungleichbehandlung von Frauen“ aufgegriffen. Zukünftig wird es in der städtischen Verwaltungssprache keine „Lehrer“ sondern „Lehrkräfte“ geben, aus dem „Arbeiter“ wird die „Arbeitskraft“, und statt einem „Leiter“ gibt es die „Leitung“. Die im Rathaus angestellte Soziologin, Anne Durst, hat die Dienstvorschriften überarbeitet. Doch für diesen ersten Schritt hin zu einer mehr geschlechtsneutralen Ausdrucksweise — vom großen „I“ ist noch gar keine Rede — gab's als erste Reaktion nur Häme. Als „vorweihnachtliche Kopfgeburt“ bezeichnet die 'Münchner Abendzeitung‘ die Änderung und titelt: „Der OB entmannt die Sprache“. Im Rathaus gäbe es doch schließlich Wichtigeres, wird Kronawitter vorgehalten.

Sogar einen Kommentar kann sich da der Lokalchef nicht verkneifen. Demnächst, so befürchtet er, wird vielleicht noch argumentiert, der umstrittene Petuelring wird deshalb nicht gebaut, weil er männlich ist. Die Grünen im Rathaus können dagegen nur scherzen, daß Kronawitter dann aber als durchtriebener Feminist bestimmt die ebenso bekämpfte Autobahn A 7 bauen würde. lui