Allein gegen Rest-Berlin

■ Christian Haase aus Charlottenburg tritt als Einzelbewerber für das Abgeordnetenhaus an/ Bürgernahes Programm beruft sich auf Paulskirche

Berlin. »Ich bin einfach verliebt ins Westend.« Christian Haases Blick ruht eine kurze Weile an der Decke, dann lächelt er etwas verschämt und entschuldigt sich mit einem Achselzucken. Ein Tourist? Ein lokalpatriotischer Kneipier? Nein, Christian Haase ist einer der vier Einzelbewerber für das Berliner Abgeordnetenhaus. Sein Wahlkreis: Charlottenburg-West. Der 23jährige Politologie-Student ist angetreten, den etablierten Parteien den Kampf anzusagen.

»Zehn Prozent sind drin«, meint er, ohne mit der Wimper zu zucken. Immerhin biete er seinen Wählern, was außer ihm keiner tue: Parteiunabhängigkeit und die Verbundenheit zu seinem Wahlkreis. Wenn Christian Haase dann anfängt von Charlottenburg-West zu erzählen, gesteht er zwar ein, etwas provinziell zu sein. Den Vorwurf aber, daß sein lokalpolitisches Programm doch eher für die Kommunalwahlen geeignet sei, weist er mit dem Hinweis auf das parlamentarische System der Paulskirche zurück, als dessen legitimer Nachfolger er sich sieht: Er will als Abgeordneter für seinen Wahlkreis Politik machen, die große Politik liegt ihm fern. Wenn der blonde, etwas schmächtige Mann davon zu schwärmen beginnt, wie schön es doch wäre, wenn er ein Zeichen setzen könnte und die Parteien wieder mehr für die Bürger tun würden, dann kann einem dieser träumerische Idealist fast leid tun.

Aber Christian Haase sieht das gar nicht so. Bei den Wahlen vor knapp zwei Jahren hatte er schon einmal kandidiert und 2,4 Prozent der Stimmen erhalten. Da trat er noch mit dem Ideal an, die »Bürger imperativ zu beteiligen«. Sie selbst sollten das Programm aufstellen. Doch weil sich kaum jemand auf diesen Veranstaltungen blicken ließ, mußte er davon absehen. Jetzt ist er dagegen schon abgeklärter und rühmt sich prominenter Rückendeckung. Stolz erzählt er, daß Bundespräsident von Weizsäcker hinter seinem Ideal steht und ihm viel Erfolg gewünscht hat. In der von Haase herausgegebenen Stadtteilzeitung 'Lokalmatador‘ macht Wolfgang Gruner von den »Stachelschweinen« sogar einen Wahlaufruf für ihn, als jemanden, »der die Fraktionsmeute nicht hinter sich hat«. Daß der Don Quijote des Wahlkampfs nicht für eine Partei kandidiert, liegt nicht nur daran, daß er das Parteiensystem total ablehnt, sondern auch, daß er sich nicht für eine entscheiden kann, wie er eingestehen muß. Er schwebt zwischen SPD, FDP und AL.

Eines jedenfalls verspricht er seinen Wählern und Wählerinnen: Wenn er eine Wahlkampfkostenrückerstattung bekommt, »dann mache ich eine Party, die die Welt noch nicht gesehen hat. Mit Frühschoppen, Kinderparty und allem drum und dran.« lada