Gregor, LISA und das DDR-Sandmännchen

■ LISA kommt: PDS-Frauen stellten sich vor/ Gregor Gysi findet's gut, kämpft aber schwer mit dem Patriarchat

Ohne die Frauenfrage ist in der Politik zur Zeit kein Blumentopf zu gewinnen, das hat selbst Lambsdorff gemerkt und mit der züchtigen Carola von Braun und strammen Frauenslogans die Plakatwände tapeziert. Kein Wunder, daß jetzt auch »LISA« kommt — die Frauenarbeitsgemeinschaft innerhalb der PDS mit lila Luftballons, Stickers und einer eigenen Wahlveranstaltung. »Haben Frauen noch eine Wahl?« war das Thema am Dienstag abend.

»LISA« — Lustig, Links, Lebendig. Die Frauen stehen scherzend und unverdrossen am Infostand, ignorierend, daß eine Viertelstunde nach Veranstaltungsbeginn erst eine einzige Besucherin sich eingefunden hat. Sie verteilen die Broschüre »LISA kommt ... was meint Gregor dazu«, fordern zur Unterschrift für den Erhalt des »Sandmännchens« auf. Die Kandidatinnen stellen sich vor: Gekommen ist Petra Bläss, ehemals Mitglied des unabhängigen Frauenverbandes, Direktkandidatin für den Bundestag. Auch da sind Gesine Lötsch, Berliner PDS-Abgeordnete, und Angela Schäfer, bis zum Sommer AL-Mitglied. »Es gibt eine Menge selbstbewußter Frauen ohne Frauenbewußtsein« — so diagnostiziert Petra Bläss angesichts der leeren Sitzreihen.

Das Programm von »LISA«: Sozialistische Ideen und Inhalte »zusammendenken«: denn mit der Übernahme des marktwirtschaftlichen Systems sind im Sozialbereich und auf dem Arbeitsmarkt die Frauen die am meisten benachteiligten. So wichtig der Anspruch im Allgemeinen, so dürftig zeigte er sich im Konkreten. Zum obersten Ziel erklärt Bläss die ersatzlose Streichung des Paragraphen 218. Gesine Lötsch fügt noch das Eintreten für das Antidiskriminierungsgesetz hinzu. Mit Durchhalteparolen für Frauenhäuser und selbstverwaltete Kitas ist das Feld abgedeckt. Die Diskussion rieselt friedlich ins persönlich Betroffene.

»Und was meint Gregor dazu?« Gregor findet »LISA« wichtig. Gregor will jedoch nicht, »daß künstliche Gegensätze in der Partei zwischen Männern und Frauen aufgebaut werden«. Der Titel der Info-Broschüre, flapsig gemeint, ist bitterernst. Gysi ist omnipräsent. Eine theoretische Verortung der Frauenpolitik innerhalb einer sozialistischen Programmatik fehlt. Angela Schäfer, unabhängige Kandidatin, faßt das Verhältnis von Feminismus und Sozialismus in dem Wunsch nach »selbstbestimmtem Leben und Arbeiten« zusammen. Im Parteiprogramm der PDS aber ist die Quotierung nicht verankert, die Frauenfrage wird derzeit noch unter der Rubrik »Solidarität und Toleranz mit den Randgruppen der Gesellschaft« verhandelt. Gregor meint: »Unmöglich wäre es natürlich, das über Jahrzehnte gewachsene Denken in kürzester Zeit grundlegend zu verändern.« Simone von Stosch