Sanierungsgeld verschwindet einfach

Berlin. Chaos bei Magistrat und den Wohnungsbaugesellschaften, kein Geld für die Wintersicherung und keine akzeptablen Verträge trotz monatelanger Verhandlungen — bei den »braven« Besetzern in Ost-Berlin braut sich Unmut zusammen. Denn die Antragsfrist, um überhaupt noch öffentliche Gelder für die Substanzerhaltung zu bekommen, läuft am 13. Dezember aus. Bislang hat keines der verhandelnden Häuser auch nur eine müde Mark gesehen, wie es gestern auf einer Pressekonferenz von Besetzern hieß, auf der auch Vertreter der westlichen Sanierungsträger S.T.E.R.N. und LiSt anwesend waren. Zugesagtes Geld, beklagten sich die, verschwände einfach »im Bermuda-Dreieck«. Die Verträge, die elf Häuser in Prenzlauer Berg notgedrungen unterschrieben haben — 25 weitere Häuser verhandeln derzeit — garantierten nur kurzfristige Nutzung, verpflichteten die Besetzer jedoch zur unbezahlten Instandhaltung. »Das ist absolut unüblich, solch schlechte Verträge sind vor zehn Jahren in West-Berlin auch nicht geschlossen worden«, meinte ein S.T.E.R.N.- Vertreter. Besonders bringt es die Besetzer auf, daß es ein pauschales Räumungsbegehren des Vorstandes der Wohnungsbaugesellschaft Prenzlauer Berg gegen alle seit dem 24. Juli besetzten Häuser gibt.

Ähnlich sieht es in Mitte aus. Dort verhandelt beispielsweise die Bürgerinitiative Spandauer Vorstadt. Für elf Häuser dort gibt es seit Anfang des Jahres Nutzergruppen, Konzepte liegen vor und Geld wurde versprochen — aber bisher passierte nichts, die Häuser verfallen weiter. Nun gibt es endlich einen für beide Seiten akzeptablen Vertragsentwurf, aber die Wohnungsbaugesellschaft Mitte weigert sich, ihn zu unterschreiben. »Der politische Druck von oben fehlt«, meinte ein Vertreter der BI. Bei einem Haus in der Anklamer Straße weigere sich die Wohnungsbaugesellschaft gar, Geld für die Wintersicherung herauszurücken, bevor die Eigentümerfrage geklärt sei. Dies kann jedoch Jahre dauern.

Noch schlimmer ist es in Friedrichshain, wo die Wohnungsbaugesellschaft überhaupt nur unverbindliche mündliche Erklärungen abgibt, berichteten Besetzer von dort. »Papier ist geduldig, aber die Häuser verfallen«, sagte eine Besetzerin. Die Gesellschaft, deren Geschäftsführung von der Westberliner GSW gestellt wird, akzeptiere keine Treuhänder und keine bauliche Selbsthilfe. »Die nehmen Rache für ihre Verhandlungsschlappen in Kreuzberg vor zehn Jahren«, glaubten anwesende Westler. Eine ebenfalls anwesende Mitarbeiterin der Wohnungsbaugesellschaft Prenzlauer Berg appellierte an alle Besetzer, Einzelmietverträge zu unterschreiben. »Damit haben sie zumindest unbefristet das Recht, in den Wohnungen zu bleiben«, sagte sie. esch