500-Millionen-Geschenk

■ Bundes- und Senatsnotreserven werden der Sowjetunion geschenkt/ Abtransport schon nächste Woche?

Berlin. Die aus Furcht vor einer sowjetischen Blockade angelegten Notvorräte in Berlin werden geräumt und an die Sowjetunion verschenkt. Die Einzelheiten über die Abwicklung werden in der nächsten Woche mit dem Haushaltsausschuß des Bundestages geklärt. Unmittelbar danach soll die Übergabe anlaufen und spätestens Ende Februar beendet sein, erklärte gestern Kanzlerberater Teltschik in Bonn nach seiner Rückkehr aus Moskau.

Wirtschaftssenator Mitzscherling äußerte sich erfreut darüber, »daß die Bundesregierung dem Vorschlag des Berliner Senats gefolgt ist, die Lebensmittel der Berlin-Bevorratung der Sowjetunion zu schenken«. Er hofft, daß mit diesem Geschenk »dazu beigetragen wird, die Versorgungsnöte in der Sowjetunion zu lindern«. Es komme jetzt darauf an, erklärte er weiter, »daß die Güter schnell und unbürokratisch an die richtige Adresse gelangen«. Der Senat will sicherstellen, daß die Auslagerung zügig beginnen kann.

Die Notvorräte bestehen aus einer »Bundesreserve Berlin« im Wert von rund 400 Millionen Mark und einer Senatsreserve im Wert von rund 120 Millionen Mark. Gelagert sind in der Stadt Lebensmittel, Gesundheits-, Hygenieartikel und Waschmittel — genügend, um zwei Millionen Berliner ein halbes Jahr lang mit allem Nötigen zu versorgen. Alleine die Lagerung kostete nach Angaben des Senats die Bundesregierung jährlich 100 Millionen Mark.

Laut Rudolf Genske, Staatssekretär im Bonner Landwirtschaftsministerium, können aus der Bundesreserve folgende Vorräte für die Sowjetunion mobilisiert werden: 70.900 Tonnen Getreide, die eventuell vor dem Abtransport noch gemahlen werden, 15.200 t Reis, 1.200 t Bohnen, 26.000 t Rindfleischkonserven, 7.500 t Butter, 2.200 t Butter-Reinfett und 12.200 t Magermilchpulver. Aus der Senatsreserve stehen neben 20.000 Tonnen Zucker und Zehntausenden von Tonnen Obst- und Gemüsereserven 3.250 Tonnen Toilettenpapier, 1.229 t Feinseife, 838 t Haarwaschmittel, 2.041 t Geschirrspülmittel und 7.960 Tonnen Waschpulver zum Verschenken an die Bürger der Sowjetunion bereit.

Verteilt ist der ganze Vorrat auf über 100 Hektar Bundes-, Senats- und Firmenflächen. Der Abtransport der Hilfsgüter werde auf Kosten der Sowjetunion erfolgen, erklärte gestern Teltschik. aku