Fliegenfänger

■ EG-Politik müssen Bauern, Löwen und Elefanten ausbaden MIT DER AGRARPOLITIK AUF DU UND DU

Knurrende Löwen hätten wir erwartet, auch trompetende Elefanten oder kreischende Affenherden. Statt dessen wurde uns mitten im afrikanischen Busch ein schrecklich lärmendes Mordinstrument vorgestellt. Die elektrische Fliegenklappe soll helfen, eine der ältesten Geißeln des schwarzen Kontinents zu beseitigen: die Tsetsefliege. Im schier endlosen Tal des Zambesi-Flusses an der Grenze Zimbabwes zu Sambia bastelt eine Gruppe Wissenschaftler unter der Leitung des Briten Glyn Vale seit Jahren daran, die Tötungsmethoden zu verfeinern. Dazu wurde das Forschungszentrum Rekomitjie errichtet, das die EG mit jährlich zehn Millionen DM unterstützt.

Die Dezimierung der Tsetsefliege sei keine akademische Spielerei, sondern wirtschaftlich von großer Bedeutung für Zimbabwe, rechtfertigt Tsetse-Experte Glyn Vale das Morden im Busch: „Wenn wir nichts täten, würde die Fliege auf die großen Weidegebiete vorstoßen. Außerdem pflügen die Bauern hier noch hauptsächlich mit Ochsen. Mit diesem Ködersystem geben sie den Afrikanern die Möglichkeit, sich selbst zu helfen.“ Umweltschützer kritisieren dagegen, daß der Lebensraum für wilde Tiere immer stärker eingeschränkt wird. In dem Maße, in dem die Tsetsefliege vertrieben wird, drängen Land suchende Bauern nach und vertreiben Löwen, Büffel, Affen und Elefanten. Kritisiert wird auch, daß zusätzliche Anbauflächen gar nicht gebraucht würden, weil Zimbabwe sich bereits mit Grundnahrungsmitteln selbst versorgen kann. Außerdem könnten große Teile des urbargemachten Landes wegen der schlechten Bodenqualität höchstens als Rinderweide benutzt werden. „Und das Rindfleisch“, sagt der Oppositionspolitiker, Paul Nyathi, „wird nach Europa exportiert.“ Zwar helfe der Verkauf der jährlich rund 25.000 Tonnen Fleisch bester Qualität der Zahlungsbilanz, letzten Endes „bleiben die Einnahmen jedoch in den Taschen der meist weißen Rinderbarone hängen“.

Die zu enteignen und das Land an die schwarzen Kleinbauern zu verteilen, hält der Präsident der Wildlife Society Zimbabwes, Michael Standish-White, jedoch für die verkehrte Lösung. „Die Großbauern beschäftigen auf ihrem Land mehr Leute als die Regierung dort ansiedeln könnte.“ Zudem produzierten sie mehr als die Kleinbauern. „Warum Leute aus den zivilisierten Ländern immer eine gänzlich andere Lösung für Afrika anstreben als für ihre eigenen Länder“, möchte der Umweltschützer wissen, „wo sich doch auf der ganzen Welt herausgestellt hat, daß man mit Kleinbetrieben nicht überleben kann.“ Die Lösung sieht der um seine weißen Privilegien besorgte Farmer in der Industrialisierung Zimbabwes. Statt immer mehr Buschland unter den rund ein Million Arbeitslosen aufzuteilen, sollte die Verbrauchsgüterindustrie ausgebaut werden.

Daß in dem fruchtbaren Land mit rund zehn Millionen Einwohnern auch zehn Jahre nach der Unabhängigkeit keine Besserung eingetreten ist, dafür macht der Präsident der zimbabwischen Industrie- und Handelskammer, John Deary, die EG-Weltmarktpolitik verantwortlich: „Wir meinen, daß es besser wäre, uns faire Preise für unsere Rohstoffe zu geben, als uns von Almosen abhängig zu machen.“ Die EG ist der größte Agrarexporteur auf dem Weltmarkt. Indem sie ihre Exporte enorm subventioniert, hält sie die Weltmarktpreise für diese Produkte künstlich niedrig und drängt so die Konkurrenz vor allem in den Entwicklungsländern aus dem Geschäft. Ein Teufelskreis, den die EG-Entwicklungsexperten vor Ort nicht beeinflussen können. Ausbaden müssen ihn Bauern, Elefanten, Löwen — und die Tsetsefliege. Michael Bullard