Namentlich die Wäschestangen

■ »Frauen. Krieg. Lustspiel« von Thomas Brasch in der Inszenierung von George Tabori am Schillertheater

Hatten wir nicht erst vor kurzem so ein Substantivdreierpack im Schillertheater, so eine Grundsubstanzkombination aus Frau, Tod und Teufel — auch Liebe Macht Tod genannt? War das nicht ebenfalls eine Art logischer Dreischritt, so ein Syllogismus von Thomas Brasch? Damals freilich als Versuch der Verdichtung Shakespeares, jetzt prosaisch nebeneinandergesetzt. Wie sind die Punkte zwischen den Wörtern zu lesen? Frauen plus Krieg führen logisch zum Lustspiel, oder steht jedes Kapitel für sich? Weder in Braschs Text noch in Taboris Regie sind klare Absetzungen zu erkennen und doch wird kein Lustspiel daraus.

Teil 1, die Frauen. Die Darstellerin der Klara (Angelica Domröse) und die Darstellerin der Rosa (Ursula Höpfner) befinden sich in einer Wäscherei. Die Bühne ist ein roter Backsteinprospekt, der eine Wiese einschließt, Ganzkörperunterwäsche hängt von Stangen, weiße Menschenteile, der Krieg ist im Raum.

Wie in Braschs Lovely Rita ist Frau austauschbar, identitätslos — die Darstellerinnen streiten sich, wer von ihnen nun Rosa ist. Welche von ihnen ihren Mann im Krieg verloren hat, welche von ihnen mit Johannes verheiratet war. Ob es überhaupt einen Mann und einen Krieg gegeben hat. Das Spiel als Gleichzeitigkeit von Erinnertem und Gegenwärtigem ist zugleich eines von Fiktion und Realität in der Fiktion. Dabei ist weder die eine noch die andere Rosa, weil jede schon im Text nur Darstellerin der einen oder anderen ist, in der Inszenierung sind sie nicht einmal letzteres richtig: Angelica Domröse und Ursula Höpfner stehen nicht nur in Distanz zu Klara und Rosa, sondern auch zu sich als Darstellerin; die Verfremdung wird immer fremder, der kräftige Anfang läuft auf der Bühne in immer größerer Kraftlosigkeit aus. Die Personen werden in den ständigen Wechseln immer diffuser, ebenso die Orte.

Teil 2, der Krieg. Die Waschküche hat sich ins Feldlazarett verwandelt, wird später Soldatenfriedhof von Verdun. Die Darstellerinnen spielen jetzt auch Soldaten, Vergewaltiger, den gefallenen Johannes, Huren, sich selbst als Genießende und Erleidende. Sehr gut spielen ihren Part die nachwippenden Wäschestangen, als die Ganzkörperstücke gefallen sind.

Teil 3, in Teil 2 eingeschoben, ist offenbar der Frauen Profit am Krieg: das Lust-Spiel des Beinespreizens und Soldatenkrüppelaufnehmens, aber es hat nichts von Lustspiel an sich. Wenn dann Hilmar Thate doch noch als Johannes oder Pandarus auftritt, nur um zu einem langen Sterben in einer Zinkwanne anzusetzen, kränkelt die Inszenierung schon länger dahin. Auch das auftretende Trojanische Pferd kann keine Wendung mehr bringen,

noch das aus Menschen gebaute Pferd,

noch die gestrichenen fünf Neger plus Souffleur,

noch die Clownsgruppe, die, als der Krieg los war, hinter der Bühne die guten harten Jazztöne produzierte.

Die Applausordnung bringt die Wendung, die Zuschauer wollen jetzt nicht mehr gehen, mit dieser versammelten Mannschaft würde man jetzt gerne das Lustspiel sehen. Es ist indes schon recycelt — Tabori hat seine Wiener Inszenierung von 1988 nur kurzmal für das Schillertheater aufgefrischt. Michaela Ott

Frauen. Krieg. Lustspiel von Thomas Brasch. Regie: George Tabori. Darsteller: Ursula Höpfner, Angelica Domröse, Hilmar Thate u.a.