: Irak beharrt auf Palästinafrage
■ Irakischer Kommandorat macht trotz Gesprächsbereitschaft ihren Abzug aus Kuwait nach wie vor von der Regelung anderer regionaler Konflikte im Nahen Osten abhängig
Die irakische Regierung, die am Samstag das Gesprächsangebot des US-Präsidenten über die Krise am Golf angenommen hat, beharrt auch nach eintägiger interner Meinungsbildung auf der Verknüpfung der Annexion Kuwaits mit der israelischen Besetzung arabischer Gebiete. Dies machte sie in einer hart formulierten Erklärung deutlich, in der US-Präsident Bush als „ein Feind Gottes“ bezeichnet wird und in der es heißt: „Der arrogante Präsident der Vereinigten Staaten hat sich fortgesetzt einem Dialog widersetzt, und er hat seinem Haß gegenüber Arabern und Moslems sowie allen, die an Gott und die weltweite Menschlichkeit glauben, Ausdruck verliehen.“
Trotz dieser Worte versprach die irakische Führung, auf einen Dialog hinzuarbeiten. Der herrschende Revolutionäre Kommandorat erklärte, der Irak wolle das „Fenster des Dialogs öffnen“, anstatt einer Sprache der Drohungen zu verfallen. Die irakische Führung stellt Bushs Angebot als Nachgeben Washingtons dar. Iraks UNO-Botschafter Abdul Amir Anbari sagte, noch vor einer Woche habe Bush jegliche Verhandlungen mit dem Irak vor dessen vollständigem Abzug aus Kuwait als „eine Art Zugeständnis“ bezeichnet.
Sowohl offizielle wie private irakische Stimmen berichteten am Freitag, die Nachricht von der Offerte aus Washington habe im Lande allgemeine Erleichterung und Euphorie verursacht. Die IrakerInnen erfuhren erst mit erheblicher Verspätung davon. Bagdader Zeitungen vom Samstag hatten die Erklärung Bushs noch verschwiegen. Zuerst erwähnt wurde sie, als die offizielle Reaktion des Regimes über den staatlichen Rundfunk verbreitet wurde.
Die Erklärung des Kommandorats wurde bekannt, während in den Straßen der irakischen Hauptstadt noch Protestdemonstrationen gegen die in der Nacht zum Freitag verabschiedete UNO-Resolution stattfanden.
Der Nachrichtensprecher des irakischen Fernsehens, der praktisch ein Sprachrohr Saddam Husseins ist, sagte in den Abendnachrichten: „Es ist unsere Absicht — wie es schon immer galt — einen zutiefst ernsthaften Dialog zu führen, nicht aber nutzlose Treffen abzuhalten, wie sie der amerikanische Präsident anstrebt, der nur einen Vorwand vor der eigenen wie der Weltöffentlichkeit sucht, das zu tun, was er von Anfang an geplant hat.“
Der irakische Kommandorat bekräftigte, daß er weiter an der Erklärung Saddam Husseins vom 12. August festhalte, in der ein Abzug aus Kuwait mit der Regelung anderer Konflikte im Nahen Osten verbunden ist — vor allem der israelischen Okkupation der West Bank und des Gaza-Streifens sowie der syrischen Präsenz im Libanon. Westliche Diplomaten haben darauf hingewiesen, daß diese Haltung die einzige Möglichkeit für Saddam Hussein darstellt, sein Gesicht bei Verhandlungen über einen Rückzug seiner Truppen aus Kuwait zu wahren.
Beamte des Weißen Hauses und des State Department haben am Samstag ein solches Junktim abermals abgelehnt. Im September hatte Präsident Bush aber vage angedeutet, daß es nach einem irakischen Rückzug neue Möglichkeiten geben werde, die Probleme der Region einschließlich des israelisch-arabischen Konflikts zu behandeln.
In der Erklärung des irakischen Kommandorats heißt es, man wolle von Washington klarere Auskunft über die Andeutung Bushs haben, daß er möglicherweise die Botschafter anderer Staaten aus der anti-irakischen Koalition zu dem Treffen mit Iraks Außenminister Asis hinzuziehen wolle.
Ein Sprecher der PLO begrüßte Bushs Gesprächsangebot und nannte es einen „Schritt in die richtige Richtung“. Yaser Abed Rabbo sagte in Tunis, Bushs Entscheidung könnte einen „Wendepunkt in der Geschichte der Region sein, aber auch ein Schritt, der einem Krieg vorausgeht. Wir hoffen, daß auf der Tagesordnung der Gespräche die baldige Abhaltung einer internationalen Friedenskonferenz sowie international garantierter Schutz für unser Volk in den besetzten Gebieten stehen wird.“
Auch die ägyptische Regierung, die 30.000 Soldaten zu der internationalen Interventionsarmee an der Südgrenze Kuwaits abkommandiert hat, reagierte mit Erleichterung auf die Aussicht amerikanisch-irakischer Verhandlungen. Dies stelle die letzte Chance für eine friedliche Regelung des Konfliktes dar. Nora Boustany (wps), Amman
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