Die Angst der Fremden

■ Keine Touristen mehr — Jerusalem in der Krise

Jerusalem (taz) — „Diplomat oder Journalist?“, fragt der Jerusalemer Taxifahrer, nachdem er entdeckt hat, daß er keinen einheimischen Fahrgast chauffiert. Eine andere Kategorie kommt ihm nicht in den Sinn, denn sie ist zur Zeit ausgestorben: Touristen. Seit der Golfkrise, verschärft noch durch das Massaker am Tempelberg, meiden Touristen Israel.

Bis zum September 1990 waren es noch rund 1,2 Millionen Ausländer, die als Vergnügungsreisende das „heilige Land“ besichtigten und durchschnittlich 1.000 US-Dollar pro Nase im Land ließen. Derzeit liegen die Zahlen um etwa 60 Prozent unter dem Vorjahresschnitt. Das Tourismusministerium erwartet nur noch rund 1,3 Millionen Urlauber für das ganze Jahr 1990. Die billigeren Hotels werden nicht mehr von Ausländern bevölkert. Man hat dort sowjetische Immigranten untergebracht.

In Jerusalem stürzte der Tourismus auf nahe Null ab. Seit der arabische Teil, und damit große Teile der Altstadt, faktisch „off limits“ ist, sind die Attraktionen plötzlich unerreichbar geworden. Bei Tausenden von Schulkindern wurden die geplanten Reisen vorläufig storniert.

Jerusalem hat als einzigen Zweig der Großindustrie den Tourismus anzubieten. Aber der ist vorläufig eingestellt. K. Hillenbrand