Lieber Infrastruktur als ostdeutsche Steueroase

Dresden (taz) — Ein Loch von 4,9 Millarden DM klafft im sächsischen Finanzhaushalt. Im Entwurf eines Vorschalthaushaltes 1991 wird, wie Finanzminister Georg Milbradt formulierte, eine „erschreckende Ausgangslage“ für den sächsischen Haushalt deutlich. Ausgaben von 19,3 Millarden DM stehen Steuereinnahmen von lediglich 3,9 Millarden DM gegenüber. Hinzu kommen 8,8 Millarden DM aus dem Fond „Deutsche Einheit“. Zuschüsse vom Bund erbringen 0,6 Millarden DM und Verwaltungseinnahmen von 1,1 Millarden DM. Das Defizit von 4,9 Millarden Mark ist jedoch auch nur die halbe Wahrheit. Denn in der Rechnung bleiben wirtschaftliche Aufbauprogramme und Kosten für die ökologische Sannierung unberücksichtigt. Unsicher ist auch die finanzielle Abgrenzung zum Bund, zu den anderen Ländern und Gemeinden. Finanzminister Mildradt hält deshalb „harte und schmerzliche Einschnitte bei den Einrichtungen des Landes und der Kommune“ für unumgänglich. Nur so sei Gestaltungsspielraum für Investitionen zu erreichen. Abgebaut werden müsse vor allem im öffentlichen Dienst. Sachsen benötige aber auch weitere Hilfe des Bundes und der westlichen Länder. Der Fond „Deutsche Einheit“ werde in den nächsten Jahren schneller sinken als die Steuereinnahmen steigen.

Für ungeeignet hält der Finanzminister Vorschläge die Ertragssteuersätze in den neuen Bundesländern zu senken. Größere Gewinne, die höhere Steuereinnhamen nach sich ziehen, seien erst später zu erwarten. Um eine „Steueroasengesetzgebung“ und damit eine erneute Teilung des Landes zu vermeiden, seien vielmehr die weitere Förderung privater Investitionen und erhebliche Ausgaben für die Infrastruktur durch Bund, Länder und Gemeinden erforderlich. Danach wäre auch mit einer Baukonjunktur im Osten zu rechnen. Detlef Krell