Zwei Wagen der U-Bahn-Linie 8 entgleist

■ Alle 50 Fahrgäste blieben unverletzt, als vor dem Bahnhof Moritzplatz zwei Wagen die Tunnelwand schrammten

Kreuzberg. Eine wohl unvergeßliche Geisterstunde mußten in der Nacht zum Mittwoch die rund fünfzig Fahrgäste eines U-Bahn-Zuges der Linie 8 von Leinestraße nach Paracelsus-Bad erleben. Genau eine Minute nach Mitternacht sprangen der zweite und dritte Wagen des in Richtung Alexanderplatz fahrenden Sechs-Wagen-Großprofilzuges etwa 40 Meter vor dem Bahnhof Moritzplatz in einer 90-Grad-Rechtskurve aus den Schienen, schrammten krachend und knirschend an der Tunnelwand entlang. Verletzt wurde wie durch ein Wunder niemand. Zwischen den Stationen Kottbusser Tor und Moritzplatz konnte der Zugverkehr in beiden Richtungen jedoch erst wieder gestern um 11.40 Uhr nach einer knapp zwölfstündigen Unterbrechung aufgenommen werden. Ab Betriebsbeginn auf der Linie 8 richtete die BVG zunächst zwischen Voltastraße und Jannowitzbrücke einen zwanzigminütigen Bus-Ersatzverkehr ein. Später, ab 8.10 Uhr, mußten die Busse nur noch zwischen Jannowitzbrücke und Moritzplatz und von dort schließlich zum Kottbusser Tor hin- und herpendeln. Dabei wurden zeitweise auch die »Schlenkis« der BVB eingesetzt.

Zwischenzeitlich gelang es, die beschädigten U-Bahn-Wagen mit Hilfe von Dieselloks in die Haupt- und Betriebswerkstatt Seestraße abzuschleppen. Ein auf dreißig Meter Länge aufgerissenes Gleis sowie eine verbogene Stromschiene waren jedoch erst einmal zu reparieren.

Bei der BVG stand gestern so ziemlich fest, daß der Unfall auf Streckenbauarbeiten zurückzuführen ist. Da in der Nacht routinemäßig Holzschwellen ausgebessert werden sollten, hätten Arbeiter eventuell in der Kurve an einer Stelle »ein bißchen zu viel Schotter rausgenommen«, erklärte der für den U-Bahn- Betrieb zuständige Abteilungsleiter Erich Kratky. Wie es hieß, haben die rund 30 Tonnen schweren U-Bahn- Wagen jedenfalls das instabil gewordene Gleis wie Butter »weggedrückt«. Möglicherweise verhängnisvoll war laut Kratky auch, daß die Arbeiter eine zusätzliche Leitschiene neben der Innenschiene, die in derartigen Kurven gerade das Entgleisen verhindern soll, schon ausgebaut hatten. Entsprechend der Vorschrift sei der Zugfahrer durch die so beschilderte »Langsamfahrstrecke« jedenfalls nicht schneller als mit 25 Kilometern pro Stunde gerollt. Ihn treffe keine Schuld. Der U-Bahn-Experte zur taz: »Es kann sein, daß manchmal langsames Fahren sogar gefährlicher ist.«

Laut BVG-Sprecher Wolfgang Göbel beläuft sich der Schaden an den U-Bahn-Wagen nach den ersten Ermittlungen auf nur 100.000 bis 150.000 Mark. Unter Umständen sei lediglich die äußere Blechhülle der Wagen bzw. die gelbe Hochglanzlackierung etwas ramponiert, ergänzte der nicht allzu verdrossene U-Bahn-Chef. thok