: RADIO DAYS
■ Donnerstag/ Freitag/ Sonntag
Nicht bloß die Bilder einer Ausstellung, sondern vor allem deren Hintergründe will Fred K. Prieberg mit seiner Sendung Entartete Musik vorstellen. Dieser zweite öffentliche Schlag des Naziregimes gegen die Avantgardekunst fand 1938, ein Jahr nach der Entarteten Kunst, statt. In Düsseldorf wurden nun die Diffamierungen gegen Komponisten fortgesetzt, deren „Verbrechen“ es war, entweder jüdischen Glaubens zu sein oder mit ihren Arbeiten weit jenseits des „volkstümlichen“ Geschmacks zu liegen. (Oft war natürlich beides gleichzeitig der Fall.) Während seiner Recherchen zum Thema kamen dem Autor einige „überraschende Einsichten, vor allem auch über die umstrittene Person des Ausstellungsinitiators, des preußischen Staatsrats Dr. Hans Severus Ziegler“. Die will er der geneigten Hörerschaft um 16 Uhr auf WDR3 zugänglich machen.
Und weil doch heute Nikolaus ist, verteilt der Jungkabarettist Michael Quast Rutenhiebe an die deutschen Parteien. So ganz aus dem Stehgreif wie immer, versteht sich, kriegt jede Partei und deren Vertreter ihr Fett ab. Für alle, die sich den Schock weglachen wollen, sind die Ohrfeigfeigen des hr1 um 19.30 Uhr die Chance.
Nach allem, was Andrej Tarkovskij in seinen Essays zum Film über die Eigenständigkeit der Tonwelt sagte, verspricht sein Hörspiel Volle Kraft zurück ein Erlebnis zu sein. Die „musikalische Elementarkraft“ könne den Menschen mit einem „neuen emotionalen Erfahrungsschatz“ ausstatten und so bereits durchlebte Gefühle erneuern. Im Grunde genommen sei die „tönende Welt“ schon von sich aus sehr schön. Man müsse sie in der Kunst nur adäquat organisieren und — das geht an die Adresse der RezipientInnen — wieder „richtig hören lernen“. In seiner einzigen Rundfunkarbeit greift Tarkovskij auf eine Erzählung von William Faulkner zurück, in der der verzweifelte Kampf eines amerikanischen Kindsoldaten gegen die Todesangst skizziert wird. Kurz nach der Produktion verschwand das Hörspiel 1965 im „Tiefkühlfach“ der Zensur. „Zu pazifistisch“, lautete der Vorwurf. Leider war es Tarkovskij nicht vergönnt, die Rehabilitierung des Stücks 1989 zu erleben. Im letzten Jahr wurde Volle Kraft zurück auf einem Symposium zu Ehren des Regisseurs wegen des bemerkenswerten Umgangs mit Geräuschen und Musikeinsätzen als „wegweisend“ gewürdigt. Die deutsche Erstsendung findet um 20.30 Uhr auf SWF2 statt.
Wer sich trotz aller Warnungen von seiten der Filmkritik in Henry und June wagte, weiß ja, was außer Kippen, Suff und Sex zur Grundausstattung der Moderns gehörte: Ein Regal voller Texte aus der Editions de Minuit. So jedenfalls will es der Ausstatter von Anais Nins Arbeitszimmer. Doch auch im „real life“ trat dieser Verlag immer mit den neuesten und unverkäuflichen Werken an sein Publikum heran und wurde so etwas wie der „Schutzengel der Avantgarde“. In einer zweiteiligen Sendung widmet sich Christoph Vormweg der Geschichte des Verlags auf dem Weg Von der Resistance zur Avantgarde. Heute um 22.30 Uhr ist der erste Teil Der literarische Widerstand gegen die Nazi-Besatzung zu hören. Am Freitag zur gleichen Zeit folgt: Im Namen Becketts.
Mit einem waschechten schottischen Krimi heizt uns der WDR3 um 11 Uhr ein. „Private eye“ Daly hetzt in Verladen — ein Glasgow-Puzzle einem Dokument nach, das den Sohnemann von Bürger Templeton schwer belastet...
Ein Teil der diesjährigen „Berliner Festwochen“ war dem zeitgenössischen Komponisten Pierre Boulez gewidmet. Um 20.05 Uhr überträgt nun der DS-Kultur ein Konzert vom 23. September dieses Jahres. Die Leitung hatte der Meister höchstselbst.GeHa
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