Möchtegern-Beinahe...

■ betr.: "Von der Bürgerbewegung zu Möchtegern-Partei" (Interview mit Rolf Henrich), taz vom 30.11.90

betr.: „Von der Bürgerbewegung zur Möchtegern-Partei“ (Interview mit Rolf Henrich),

taz vom 30.11.90

Matthias Geis' Interview mit Rolf Henrich hat mich mehr überzeugt, als Henrich vermutlich gewollt hat. Henrich apostrophiert die bekannten Personen aus den BürgerInnenbewegungen, sofern sie in die Parlamente gegangen sind oder gehen wollten, als Beinahe-Politiker in einer Möchtegern-Partei. Er hat Recht. Sie sind es. Und er plädiert sehr für Bürgerbewegungen an der Basis, ohne den Drang zum Höheren, also in Parteien und Parlamente oder — daran hat ja auch schon einer gedacht — in die Villa Hammerschmidt. Henrich hat Recht. Die demokratischen Impulse, die von den Gruppen kamen, sind weiterhin und wiederum vonnöten. Und nicht im sinnleeren parlamentarischen Getriebe, sondern von dort, von wo sie auch früher kamen.

Und dann wird uns mitgeteilt, Rolf Henrich sei nun in der SPD. Da wurde das ganze für mich besonders überzeugend. Henrich als Beinahe- Politiker in einer Möchtegern-partei, der Beinahe-Politiker in einer anderen Möchtegern-Partei kritisiert. Das gibt dem Ganzen Sinn und Würze. Einziger Trost: Immerhin ist er nur in die SPD gegangen, nicht in noch was Schlimmeres. Und das andere — aber da weiß ich nicht, ob das ein Trost ist bei so einem —: Er plädiert für die Bürgerbewegungen, denen er gerade den Rücken gekehrt hat. Möchtegern-Beinahe... Dr.Hans-Peter Gensichen, Wittenberg