Tour d'Europe

■ Streit über Entwicklungshilfe

Im Süden nichts Neues: Leider müssen wir unsere LeserInnen heute wieder mit einer Nachricht über den Geiz des reichen Europas behelligen. Dieses Jahr kommen die Länder der Dritten Welt sogar ganz besonders kurz bei dem Verteilungskampf um die EG-Mittel, denn das gestiegene Interesse an Osteuropa drückt sich auch in einer Umleitung der als Hilfe gedachten Geldflüsse aus. So ist das Volumen der Osteuropahilfe der EG rund 23 Mal so groß wie die Hilfe für Asien und Lateinamerika zusammengenommen. Insgesamt schlägt die Kommission zwar vor, für die Zeit von 1991 bis 1995 die Entwicklungshilfe an die asiatischen und lateinamerikanischen Länder um 50 Prozent auf sechs Milliarden DM aufzustocken, aber das Geld soll auf immerhin vierzig Länder mit rund 2,3 Milliarden EinwohnerInnen verteilt werden. Frankreich ist die Summe immer noch zu hoch, und Großbritannien will sich nicht festlegen. Daß die anderen zehn EG-Mitgliedstaaten dem Vorschlag zustimmen, hilft rein gar nichts, denn Finanzentscheidungen müssen in der EG einstimmig gefaßt werden.

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Auf den Sozialämtern werden die rund 5.000 Nordseefischer stranden, wenn sich der Vorschlag des EG-Kommissars für Fischfang durchsetzt. Der Spanier Manuel Marin hat jetzt festgestellt, was Umweltschutzorganisationen schon lange wissen, daß nämlich der Fischbestand der Nordsee zu rund 90 Prozent extrem gefährdet ist. Besonders akut vom Aussterben bedroht sind Seelachse, Schellfische und Heringe. Laut Marin müßten die Fischer ihre Beutezüge sobald wie möglich für mindestens zwei Jahre radikal aussetzen, damit sich die Fische erholen können. Für den Anfang schlägt Marin einen Fangstopp während der Laichzeit vor. Schuld an dem Fischsterben sind unter anderem die unvernünftig hochgerüsteten nationalen Fischfangflotten. Allein die Nordseeflotte ist mit einer Überkapazität von 40 Prozent ausgestattet. Auf Einsicht seitens der Fischer hoffen TierschützerInnen und der Kommissar bislang vergebens. Nicht einmal die Verwaltungen in den Mitgliedsländern halten sich an die Maßgaben der EG, wozu auch die Reduzierung der gefangenen Tonnage um 3 Prozent für die Zeit von 1987 bis 1991 gehört. Der Kommissionsvorschlag, die Maschengröße für den Fischfang in der Nordsee von 90 auf 120 Millimeter zu erhöhen, um wenigstens kleine Fische zu schützen, stieß bei den Mitgliedstaaten auf Unverständnis.

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Ein neues Kapitel grenzüberschreitender Zusammenarbeit wollen Saarbrücken und Metz aufschlagen. Zum 1. Januar tritt ihre Vereinbarung über einen Eurodistrikt in Kraft. Gemeinsam wollen die französische und die deutsche Stadt ihre Raumplanung, Infrastruktur und Abfallentsorgung in Angriff nehmen. Der Eurodistrikt mit zunächst einer Vollversammlung und einem ständigen Ausschuß soll langfristig die Keimzelle für eine „Provinz Europas“ sein. Dazu würden neben dem Saarland und Lothringen auch das Bundesland Rheinland-Pfalz, das Großherzogtum Luxemburg sowie die südbelgische Provinz Luxemburg zusammengefaßt werden. Mitten in diese Industrielandschaft hinein würde dann auch die künftige europäische Umweltagentur gut passen, meinen die Lokalpolitiker. dora