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: Nur ein Taschenspielertrick?

■ Der irakische Kompromißvorschlag wird in Bagdad weder bestätigt noch dementiert

Der irakische Präsident werde bis zum Ablauf des vom UN-Sicherheitsrat gestellten Ultimatums am 15.Januar „noch eine Reihe von Tauben und Kaninchen aus seinem Hut zaubern“, spöttelte vorgestern ein arabischer Diplomat der Golfregion. 24 Stunden später meldet der britische Fernsehsender „Sky“, Saddam Hussein habe unter bestimmten Voraussetzungen seine Bereitschaft zum Rückzug aus Kuwait bekundet. Das Angebot wurde sofort von den Medien in aller Welt aufgegriffen. Zugleich hat Bagdad die frohe Botschaft weder bestätigt noch dementiert.

Es handelt sich bei dem angeblichen Kompromißangebot des Irak nicht um einen schlichten Taschenspielertrick: Ähnliche Angebote wurden von irakischer Seite seit dem Beginn der Golfkrise mehrfach und ebenfalls ohne offizielle Bestätigung aus Bagdad lanciert. Sie blieben jedoch ohne Widerhall aus der westlichen Welt. Die irakischen Forderungen rufen den eigentlichen Kern des irakisch-kuwaitischen Konflikts erneut ins Gedächtnis: Der Vorschlag, die strategisch günstig gelegenen Inseln Warba und Bubyian von Kuwait zu pachten, wurde von der irakischen Regierung während des iranisch-irakischen Krieges mehrfach gemacht, stieß aber auf die Ablehnung Kuwaits. Der Anspruch auf den kuwaitischen Teil des Ölfeldes Rumaila gehört in den Kontext der Grenzstreitigkeiten: Der Irak hatte Kuwait vorgeworfen, den iranisch-irakischen Krieg genutzt zu haben, um die gemeinsame Grenze zu ungunsten des Irak nach Norden zu verschieben. Unmittelbar vor dem Einmarsch hatte der Irak den Nachbarstaat außerdem beschuldigt, jenseits der Grenze liegende Ölvorkommen angezapft und die irakische Wirtschaft um rund 3,8 Milliarden DM erleichtert zu haben.

Es handelt sich bei dem Vorschlag also lediglich um einen erneuten Versuchsballon. Interessant daran ist das Timing unmittelbar vor dem Beginn direkter amerikanisch-irakischer Gespräche. Die irakische Regierung befindet sich in einer zunehmend bedrängten Position. Klar ist aber auch, daß Bush sein Gesprächsangebot an die Iraker ebenfalls aus einer Position der — innenpolitischen — Schwäche gemacht hat. Denn seit die 13. Resolution des UN-Sicherheitsrates verabschiedet wurde, hat der Widerstand der US-amerikanischen Öffentlichkeit gegen einen militärischen Einsatz der Vereinigten Staaten am Golf weiter zugenommen. Die amerikanischen Kriegs-Befürworter sind in der Klemme: Schon jetzt stehen sie in einer Art Spagat zwischen selbsteingegangenen militärischen Verpflichtungen am Golf und politischen Interessen im eigenen Land. Der irakische Vorschlag ist ein Versuch, Bushs innenpolitische Position weiter zu schwächen. Nina Corsten