Gesponserte Abschiebung

■ Die Landesregierung Nordrhein-Westfalens suspendiert Bleiberecht für Roma KOMMENTARE

Keinem Rom wird die nordrhein-westfälische Landesregierung ein Bleiberecht gewähren. Das steht seit gestern fest. Noch im September hatten nordrhein-westfälische Zeitungen Innenminister Schnoors „Kompromiß“ bejubelt: Verhandlungen mit Jugoslawien zur „Reintegration“ jugoslawischer Roma und gleichzeitig ein Bleiberecht für tausend Roma in NRW. Ein glatter Wortbruch der Landesregierung?

Nein. Die Landesregierung hat ihr Wort nie gegeben. Der gestrige Beschluß, alle Roma — außer der Handvoll Menschen, denen Asyl gewährt wird — über die Grenze zu jagen, ist systematisch vorbereitet worden. Als Innenminister Schnoor den Roma nach ihrem Bettelmarsch Anfang Februar versprach, ein Bleiberecht „zu prüfen“ — und nicht „zu gewähren“, wie fälschlicherweise verbreitet wurde, hatte er ohne Zweifel den politischen Willen dazu. Und damals hatte er die gesamte Landesregierung hinter sich. Doch schon im Sommer drehte sich der Wind. Tausende osteuropäischer Roma beantragten in nordrhein-westfälischen Städten Asyl. Da war es vor allem Sozialminister Heinemann, unterstützt von der Staatskanzlei, der mit einer „Das Boot ist voll“-Mentalität alle Bemühungen um ein Bleiberecht boykottierte. Die Roma-feindliche Stimmung im Lande diktierte nun die Politik der Landesregierung.

Das Kabinett schmetterte alle Erlaß-Entwürfe aus dem Hause Schnoor zur Umsetzung des Bleiberechts ab. Schnoor hatte schon im Sommer verloren. An den Roma ist er vor allem deshalb schuldig geworden, weil er zur Demontage des Bleiberechts geschwiegen hat. Kommentarlos unterstützte er die Geburt einer „neuen Flüchtlingspolitik“, die nichts anderes ist als eine finanziell äußerst dürftig abgefederte Abschiebepolitik. Nur wenn Jugoslawien der „Rückführung“ nordrhein-westfälischer Roma nicht zustimmen würde, sollten tausend von ihnen im Lande bleiben können. Daß es nicht die geringste Garantie selbst für diese Roma gab, auch dazu schwieg der liberale Schnoor.

Einem Innenminister Schnoor hatten die Roma, die in diesem Land gewöhnlich keine Lobby haben, vertraut. Aufgrund seines Versprechens zogen sie ihre Asylanträge zurück und füllten „Bleiberechtsanträge“ aus, wie sie meinten. Schnoor ließ sie in ihrem Glauben. Und er schwieg auch noch, als die NRW-Unterhändler ebendiese Anträge für ihre Verhandlungen mit den Jugoslawen mißbrauchten. Was die Landesregierung jetzt frech als „neue Flüchtlingspolitik“ verkauft, bedeutet für die Betroffenen die Wahl zwischen einer Abschiebung mit Abfindung und einer Abschiebung auf die rüde Art. „Freiwillig“ dürften sich die Unerwünschten zur „Reintegration“ in Jugoslawien melden. Für 1400 Menschen sind Kopfgelder eingeplant, der Rest geht ohne. Bettina Markmeyer