The Fixx und Immaculate Fools

■ Gerupft frisiertes Haar mit »Gard Sprühstärke«

The Fixx und Immaculate Fools besitzen anachrosnistische im unangenehmsten, im Zwischenstadium: Sie haben noch keine historische Absicherung (Erwähnung in Rockenzyklopädien, in Standardwerken zum Trend der 80er Jahre etc.) und, viel schlimmer, sie ziehen immer noch mit der gleichen Schose durch die Lande. »Melodic Wave«: was heute wie eine grausige Wortprägung aus fremder Zeit erscheint, besaß vor sechs, sieben Jahren einen guten Klang.

Damals hatten The Fixx einen regelrechten Megahit (»Less Cities, More Moving People«), zu dem in westdeutschen Großdiskos und in Läden wie dem »Linientreu« (woanders war es zu unhip) die Massen abschüttelten. Aber selbst zu diesem Zeitpunkt war der Stern des New Wave durch den Vermassungsprozeß hoffnungslos im Absinken begriffen.

Musik, Musiker, Stars waren jedem Fünftgesicht auf der Straße ähnlich: Ohrring vom Straßenhändler, blondfarbenes, gerupft frisiertes Harr mit »Gard Sprühstärke«, Motorradlederjacke (flohmarktgeprüft), schwarze Armeehosen, Wollpullover (maschinen- und nicht handgestrickt) und auffällig-farbige, selten-häßliche Edelschühchen. Das waren auch schon sämtliche Anziehungsparameter der totesten Phase der Modekultur.

Die musikalischen Stärken von The Fixx aus dem heutigen Blickwinkel zu betrachten, fällt ungleich schwerer. Auffällig überzogene Effektgitarren prägen gemeinsam mit schwelenden Synthesizersounds ein Bild, das wohl am prägnantesten von den Simple Minds verhunzt wurde.

Der Bassist leistet Schwerstarbeit im Basslinienrollenlassen und klingt dennoch zwischen Flagolett und Groove dem der Squeeze verdächtig ähnlich (Warum mußten auch alle Pino Palladino?). Cy Curnin, dem Sänger von The Fixx, jemanden als Pate zur Seite zu stellen, ist wesentlich angenehmer. Denn wer Morten von A-Ha liebt und verehrt, wird dieselbe röhrend-rührende Sehnsucht bei The Fixx empfinden, wie sie der norwegische Schönling herausjodelt.

Und eben jene Verbindung aus Melodic Rock und New Wave, egal wie sauber, gut und glatt gemacht, gilt es, den heutigen Abend zu ertragen. Vielleicht zeigt eine kleine Geschichte über die Vorband Immaculate Fools das Drama der Vergänglichkeit deutlicher. Bereits 1985, »Europe a GoGo« strahlte via Eurovison in aller Länder Wohnstuben. Als Immaculate Fools auftraten, lehrte sich die GoGo-Tanzbühne, da die Tanzwütigen die Toiletten zum Näschenpudern frequentierten. Nur ein paar unverbesserliche Waver mit Nietenhalbhandschuh an der rechten Pfote pogoten, etwas aus dem Gleichgewicht geraten durch die sanften Folkklänge der Band. Dann kam Frankie Goes To Hollywood, bumbumbonkabonka, Alle Tänzer waren wieder da, jubelten, feierten, und die Party konnte reibungslos weitergehen.

Bands wie The Fixx und Immaculate Fools sind auf der Strecke liegengeblieben, und, mal ganz im Ernst, wer hätte schon Mitleid mit ihnen? Wer es hat, kann sie heute goutieren. Harald Fricke

Um 20 Uhr im Quartier