Hilfe für das alte Scheunenviertel

■ »Stiftung Scheunenviertel Berlin« will Mitspracherecht bei Kiezplanung

Mitte. Hilfe und Selbsthilfe für Bürger und Gewerbetreibende im Kiez will die »Stiftung Scheunenviertel Berlin e.V.« anbieten. Der Verein, dem Historiker, Künstler, Architekten, Schriftsteller und Vertreter von Bürgerinitiativen angehören, will in dem zwischen Münz- und Alter Schönhauser Straße sowie zwischen Wilhelm-Pieck- und Karl-Liebknecht-Straße gelegene Viertel mit Erarbeitungen von Konzepten zur behutsamen Stadterneuerung, neuen Energiekonzepten und neuen Verkehrslösungen dazu beitragen, daß der Charakter dieses ehemals so typischen Stücks Berlin erhalten oder wiederhergestellt wird. In diesem Sinne hat die Stiftung auch vor, Einfluß auf Entscheidungen der Behörden zur Gestaltung des Areals nehmen. Darüber hinaus will der Verein Veranstaltungen zur Geschichte des Scheunenviertels organisieren. Der Gedanke der geistigen und religiösen Toleranz, die das frühere jüdische Wohngebiet Berlins einstmals geprägt haben, soll auf diese Weise wieder erweckt werden.

In einer Informationsveranstaltung des Vereins, an dem auch Vertreter anderer Initiativgruppen teilnahmen, erklärte Vorstandsmitglied Dieter Weigert, daß sich sein Verein nicht als Konkurrenz zu der bereits seit Jahresfrist bestehenden »Bürgerinitiative Spandauer Vorstadt« verstehe, sondern vielmehr ein Koordinierungszentrum für die verschiedensten Gruppierungen im Kiez sein möchte. Auch wolle man sich trotz ähnlicher Aufgabenstellung nicht »unbedingt an westlichen Mustern orientieren«, etwa an dem seit langem existierenden Kreuzberger »Verein SO 36«. Gabriele Schumacher, ebenfalls Mitglied des Vorstandes, berichtete, daß der neugegründete Verein bereits auf eine gute Zusammenarbeit mit der Wohnungsbaugesellschaft Mitte verweisen kann. Hemmend sei zum Beispiel bei der Planung und Gestaltung des Viertels, daß noch immer viele Eigentumsfragen bei Grundstücken und Wohnhäusern ungeklärt seien. Aus diesem Grund habe die Wohnungsbaugesellschaft das Hilfsangebot des Vereins dankend angenommen und deren Mitglieder ausdrücklich bevollmächtigt, in den entsprechenden Unterlagen Nachforschungen zur Eigentumsfeststellung zu unternehmen. Vorstandsmitglied Mehnert dazu: »Wenn wir was retten wollen, müssen wir das offensiv tun, müssen wir aktiv auf die Eigentümer zugehen und mit ihnen reden. Da kann man nicht warten, bis mal einer zu uns kommt.«

In der gleichen Veranstaltung stellten sich auch Mitglieder eines »Vereins zur Förderung des Varietés« vor, die nach langem Suchen mit Hilfe der »Stiftung Scheunenviertel« ein Domizil in den Hackeschen Höfen zu finden hoffen. In diesem nicht nur historisch wertvollen Gebäudekomplex nahe des S-Bahnhofs Marx- Engels-Platz gibt es Studios, in denen bereits der große deutsche Spielfilmregisseur Georg Wilhelm Pabst arbeitete. Später zog dort das DDR- Fernsehen ein und nutzte diese Räumlichkeiten als Proberäume.

Der Galerist Ralf Bartholomäus, der für die »Initiative Kultur-Alarm« sprach, wies auf die Gefährdung von kunstfördernden Einrichtungen hin, deren Mittel aufgrund der Geldknappheit der Kommunen dem Rotstift zum Opfer fallen könnten. Auch hier könne die Stiftung hilfreich sein.

»Wir sind als Stiftung noch im Aufbau begriffen und verfügen noch nicht über Millionen«, erklärte Dieter Weigert die gegenwärtige Situation seines Vereins. Noch finanziere man sich aus Mitgliedsbeiträgen, doch hoffe man, schon bald durch Spenden jeglicher Art auch durch finanzielle Projekthilfe im Kiez wirksam zu werden. Olaf Kampmann

Wer der Stiftung finanzielle Unterstützung zukommen lassen möchte, kann seine Spende auf das Konto 44444 beim Bankhaus Löbbecke & Co. (BLZ 12030500) überweisen